Im Schloss Haldenstein hat sich Martin Bühler sein Büro eingerichtet. Obwohl das Gebäude von aussen ein wenig wie aus der Zeit gefallen wirkt, strahlen die Innenräume des Amts für Militär und Zivilschutz dank grosszügigem Einsatz von Holz eine heimelige Atmosphäre aus. Den Pandemie-Krisenstabschef aktuell zu erwischen, ist bei seinem überfüllten Terminkalender gar nicht so einfach. Trotzdem ist es ihm wichtig, sich beim Thema Corona für alle Zeit zu nehmen. «Ganz am Anfang der Pandemie waren wir, wie alle natürlich sehr gefordert mit der neuen Situation. Vieles war unbekannt. Es gab Kommunikationspannen. So haben wir zu spät direkt mit der Bevölkerung im Misox gesprochen, die von der Pandemie viel direkter betroffen war, als wir in Nordbünden. Es hat viel Energie gekostet, verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen. Vieles musste in kurzer Zeit neu entwickelt werden. Ein aktuelles Beispiel: Graubünden hat erst kürzlich eine Untersuchung zur Luftqualität in Schulzimmern durchgeführt. Für dieses weltweit einzigartige Projekt wurde mit 59 Primarschulen in Graubünden zusammengearbeitet. Das Pilotprojekt, um dessen Resultate inzwischen auch die Corona-Taskforce Israels angefragt hat, hat sehr detailliert aufgezeigt, dass die Luftqualität in den Klassenzimmern in direktem Zusammenhang mit der Ansteckungsrate steht. «Das regelmässige Lüften der Klassenzimmer ist deshalb auch im Winterhalbjahr sehr wichtig», empfiehlt Bühler.
Der Ton macht die Musik
Im Allgemeinen hat der Kanton Graubünden oft eine Vorreiterrolle übernommen, wenn es um das Thema Corona geht. Anfang Dezember schreibt Avenir Suisse in seinem Monitoring der Kantone: (…) Graubünden war sogar stets einen Schritt voraus, etwa mit der Teststrategie oder der raschen Impfung älterer Personen. Während andere Kantone ihre Krisenstäbe noch einrichteten, stand die Bündner Krisenorganisation bereits (...). «Das liegt daran, dass die Regierung, der Krisenstab, die Institutionen des Gesundheitswesens, die Gemeinden, aber auch die Verbände, Schulen und Unternehmen am gleichen Strick ziehen. Das ist nicht selbstverständlich und eine besondere Stärke Graubündens», meint Martin Bühler dazu, der den Fokus nie aus den Augen verliert: «Wir orientieren uns an den Vorgaben des Bundes und den Erkenntnissen der Science-Taskforce, versuchen uns rasch darauf auszurichten, um pragmatische Wege zu finden, die möglichst viel Normalität zulassen. Dabei geht es uns einerseits darum, das Gesundheitswesen vor Überlastung und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, andererseits wirtschaftliche Tätigkeit zu ermöglichen und Existenzen zu bewahren.» Dass die Massnahmen und auch die empfohlenen Impfungen nicht überall auf Wohlwollen stossen, weiss auch Bühler. Aus diesem Grund versucht er auch mit Kritikern in den Dialog zu treten. «Es ist für jene, die in der Verantwortung stehen nicht einfach, unter den gegebenen Spielregeln den Spagat zwischen dem Ermöglichen von Freiheiten und dem Entlasten des Gesundheitswesens hinzubekommen.» Bühler schafft es trotz oder vielleicht wegen seines hohen militärischen Rangs als Oberstleutnant im Generalstab stets ruhig und sachlich mit seinem Gegenüber zu diskutieren. «Die Kommunikation der Behörden und auch der Ton mancher Mitarbeiter wird bisweilen bemängelt. Doch man muss auch sehen, dass wir sehr schnell grosse Teams aufbauen und daher teilweise nicht optimal vorbereitetes Personal an den Covid-Hotlines einsetzen mussten. Und genau diesen Leuten gegenüber entlädt sich manchmal Wut und Frustration.» Für Bühler selber ist sehr wichtig, neben den ganzen negativen Botschaften auch mit optimistischen Neuigkeiten den Menschen Hoffnung zu machen und auf die eigenen Stärken hinzuweisen, weil der Weg aus der Krise nur gemeinsam zu schaffen sei.