Am vierten Tag meiner Reise fuhr ich von Zürich nach Niedergösgen. Ich fühlte mich erneut einsam nach dem Abschied meiner Verwandten in Zürich. Diese Erfahrung der Einsamkeit ist mir ganz neu. Die einzige Möglichkeit um damit umzugehen, erscheint mir dem Gefühl Platz zu geben und mich selbst völlig hinzugeben bis die Einsamkeit von selbst verschwindet.
Dauerdraussenschläfer
Der Weg führte mich nach Baden an der Limmat weiter nach Brugg und von dort aus über Aarau in Richtung Olten. Keine zweihundert Meter Luftlinie von dem AKW Niedergösgen entfernt, habe ich schliesslich im Zelt übernachtet. Ich fühlte mich unwohl so nahe beim AKW zu schlafen, die Müdigkeit siegte dann zum Glück. Immer wieder bemerkte ich auf meiner Reise und auch schon davor im Leben, wie Angst oft aus Unwissenheit und Ungewissheit entsteht. Zum einen aus fehlenden Informationen und zum anderen aus fehlender Selbstsicherheit, Vertrauen und Lebensfreude. Mit dieser Reise tue ich genau das, was ich schon sehr lange einmal tun wollte: Etwas ganz und gar eigenes, etwas das ich ganz alleine und nur für mich tue. Es entsteht Tag für Tag eine stärkere Gewissheit, dass wenn ich immer das tue was ich für gut und richtig halte, ich nie falsch liegen kann. So tue ich dies vehement mit aller Konsequenz. Das Ego hat infolgedessen keine Chance mehr. Am fünften Tag fuhr ich über Olten und Solothurn nach Biel. An diesem Tag bin ich in sieben Stunden über 90 Kilometer gefahren, was mich bei 50 Kilogramm Fahrrad- und Gepäckgewicht sowie 70 Kilogramm Eigengewicht schon ein bisschen stolz macht. Mein Nachtlager schlug ich nahe einer Auenlandschaft fast direkt am Wasser des Bielersees auf. In der Nacht bellten Füchse in nächster Nähe und ein mir unbekanntes Tier wagte sich sogar bis an die Zeltwand heran. Diese Nacht war die bisher schönste auf meiner Reise. Keine Züge, keine Autobahnen und kein Lärm eines AKW störte meine Nachtruhe. Alles was ich vernahm, waren Tierlaute und der Wind, der unablässig an meinem Zelt rüttelte. Zwar war es kalt und windig, doch mein Gespür für die unmittelbare Umgebung war an jenem Abend so offen wie selten zuvor. Die ganze Welt schien in einem wundervollen Glanz zu glühen.