ls ich von Lausanne aus startete, war noch alles gut. Es war wie eine Erlösung aus dem Betondschungel der waadtländischen Stadt hinaus wieder hinein in eine vergleichsweise ruhigere Gegend am See zu gelangen. Ich fuhr am Lac Léman entlang nach Genf und übernachtete dort in einer Jugendherberge. Meine Zähne schmerzten dabei schon seit Tagen, wahrscheinlich aufgrund der Kälte und meiner Erkältung. Am nächsten Tag fuhr ich trotzdem weiter über die schweiz-französische Grenze bei Pougy einem kleinen Dörfchen ohne Grenzkontrolle an der Landesgrenze. Ich fuhr weiter nach Bellegarde-sur-Valserine, eine Stadt an der Rhône. Hier kam ich in der Erwartung an mit dem Zug nach Lyon weiterzufahren, ein Kompromiss, den ich aufgrund von Kälte und Nässe eingehen wollte. Wie bitter ich doch enttäuscht wurde.
Enttäuschte Erwartungen
In Frankreich gilt die 3G-Regel im öffentlichen Verkehr. Ich bin nicht geimpft gegen Sars-coV-2, bin wahrscheinlich genesen, habe allerdings keinen Beweis dafür und lasse mich nur ungern testen. Jetzt kommt normalerweise der Teil, wo geschrieben wird, weshalb jemand eine solche Haltung hat. Darauf verzichte ich an dieser Stelle, weil es mein gutes Recht ist. Im Dickicht von Meinungen und Spekulationen ging schon mancher seelischer Frieden in die Brüche. Weil nun diese Regel im französischen ÖV gilt und ich dies bis dahin nicht wusste oder wissen wollte, zerfiel meine Hoffnung. Meine ganzen Hoffnungen, um aus der Kälte herauszukommen, lagen darin, dass ich 100 Kilometer mit dem Zug statt dem Velo zurücklegen wollte. Das war mein erstes Missgeschick, mich so auf eine einzige Erwartung zu stützen. Ich nahm mir viel Zeit nachzudenken, darüber weiterzufahren mit dem Fahrrad, zu bleiben wo ich war für einige Tage oder Wochen, oder gar bis der Frühling Einzug hielt oder ob ich in die Schweiz zurückkehren wollte und sollte. So verbrachte ich Stunden damit mir alle möglichen Szenarien auszudenken, was wie funktionieren könnte. Zweifel kam in mir auf. Ich fühlte mich an diesem Ort festgefahren, weil es hier weder Velowege gab, nur enge, kurvige Hauptstrassen auf welchen 100 km/h gefahren wurde und es keinen Velostreifen gab. Mein zweiter Fehler war, dass meine Isomatte ein Loch hatte, das ich bisher mit keinem Klebstoff zu schliessen vermochte und trotzdem weiterfuhr. Meine einzige Nacht in Frankreich bei –5 Grad Celsius wurde verdammt hart. Mein dritter Fehler war es trotz zunehmender Zahnschmerzen weiterzufahren.