Wie nehmen Sie Graubünden als Wirtschafts- und Bildungsstandort wahr?
Graubünden ist ein sehr dynamischer Kanton, wirtschaftlich und touristisch, aber nicht nur. Zum Beispiel haben wir mit dem Kanton Graubünden diskutiert wegen den neuen Investitionen, die wir machen mit Agroscope. Wir haben eine gemeinsame Station und tauschen uns viel aus. Die Vertreter:innen in der Bundeskammer müssen stark arbeiten, weil Graubünden weit weg von Bern ist, aber sie sind alle gut dabei.
Wo sehen Sie wirtschaftlich und vielleicht auch forschungstechnisch noch Optimierungspotential beim Kanton?
Es ist nicht meine Rolle, zu sagen, was ich möchte. Die Kantone müssen selber Ideen entwickeln. Wir in Bern auf Bundesebene müssen Rahmenbedingungen vorschlagen. Wir machen dies beispielsweise für die Bildung und Weiterbildungen. Da arbeiten wir mit den Kantonen daran, Produkte zu entwickeln und helfen ihnen. Wir investieren auch in Forschung und Innovation. Wenn gute Projekte da sind, können sie sicher davon profitieren, aber es braucht die Kantone, die selber Projekte bauen, und nachher zu uns kommen. Zum Beispiel in gewissen Bereichen mit neuen Technologien wie künstlicher Intelligenz oder der Digitalisierung im Allgemeinen investieren wir stark. Graubünden ist nicht weit von der ETH Zürich entfernt, so werden sicher Synergien in gewissen Bereichen entwickelt, aber es ist nicht die Rolle des Bundes zu sagen, dass der Kanton Graubünden etwas machen muss oder nicht.
Wie glücklich sind Sie darüber, nicht wie Herr Berset ständig in der Öffentlichkeit stehen zu müssen?
Eine schwierige Frage. Ein Politiker will immer im Licht stehen, aber eben auch in einem guten Licht. Nein, Spass beiseite. Während meinem Präsidialjahr hatten wir schwierige Momente. Manchmal alleine, manchmal mit Kollege Berset oder mit anderen Kollegen, weil wir oft, leider schlechte Nachrichten vermelden müssen. Das braucht eine starke Einigkeit, weil in einer Exekutive arbeitet man für das allgemeine Interesse. Aber ich bin auch zufrieden gewesen, denn manchmal konnte ich auch positive Nachrichten bekannt geben. Zudem hatte ich auch gute Erfahrungen in meinem Jahr als Bundespräsident beispielsweise mit dem Genfer Gipfel. Das ist nicht selbstverständlich, dass ein Bundesrat zwei solcher Präsidenten wie Putin und Biden treffen kann. Das war zuletzt vor 35 Jahren so.
Eine Anekdote dazu: Damals als Reagan und Gorbatschow sich in Genf getroffen haben, war ich in Florida mit einem Freund. In Genf war es kalt, da sie sich im November getroffen haben und wir waren gleichzeitig am Strand bei warmen 38 Grad. Wir haben gelacht, dass sie in Genf in der Kälte sind. 35 Jahre später im Sommer war es dann fast so heiss in der Schweiz wie damals in Florida am Strand, als ich Präsident Biden in Genf empfing.