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Malans
03.04.2022

«Man weiss nie, wohin die Reise geht»

Lamuns bei den Proben für die Vorstellung vom 8. April im Loësaal in Chur: Moderation durch Lilian Leisinger; es spielen Mare Wieland und Nic Rüdisühli.
Lamuns bei den Proben für die Vorstellung vom 8. April im Loësaal in Chur: Moderation durch Lilian Leisinger; es spielen Mare Wieland und Nic Rüdisühli. Bild: Lamuns
Vor Corona kamen sie auf 13 Aufführungen im Jahr. 2021 waren sie Teil der szenischen Dorfführungen in Zizers. In diesem Jahr planen sie rollend, und am Freitag, 8. April, laden sie zu einer Vorstellung in Chur ein. Die Impro-Theatergruppe Lamuns aus Malans. Mitglied Nic Rüdisühli erzählt unter anderem, worin der Reiz für die Schauspieler bei dieser Theaterform liegt.

P&H: Was hat zur Gründung des Improvisationstheaters Malans geführt?
Nic Rüdisühli: Die im Jahr 2000 gegründete Gruppe war ursprünglich mit «normalen» Theaterinszenierungen unterwegs. Ein Dorftheater. Im Jahr 2007 ist Lamuns dann auf die Schweizer Improvisationsszene gestossen. Das war eine ganz andere Herausforderung, und die Gruppe hatte Feuer gefangen. Ich selbst bin erst da dazu gestossen. Dies, weil ich den Kindern meines späteren Mitbühnenpartners beim Wandern stehts freie Geschichten erzählt habe – einfach mit dem, was die Landschaft hergab. Er meinte: «Dich als Geschichtenbauer brauchen wir».

Wie ist die Theatergruppe auf den Namen Lamuns gekommen? Was soll damit assoziiert werden?
Gute Frage, ich versuche es mit Gegenfragen: Ist es eventuell romanisch? «Mund» (die Erde) oder «Munt» (Berg?). Nimmt der Artikel «La» eventuell Bezug auf das Weibliche? Oder ist da doch Malans drin? Oder die Bündner Kartoffelspeise Maluns? Wir überlassen es dem Zuschauer und seiner Fantasie, was er aus dem kauderwelsch klingenden Namen macht.

Bild: Lamuns

Worin liegt beim Impro-Theater der Reiz für die Schauspielerinnen und Schauspieler?In der Präsenz und Offenheit zum unbekannten Ziel. Es ist wie im Leben. Man weiss nie, wohin die Reise geht. Alles ist unbeständig. Nur, dass sich auf der Bühne alles in Sekundenschnelle ändern kann. Herausfordernd ist, dass man immer eine Antenne auf Empfang und eine Antenne auf Senden stellen muss – und zugegeben ein Reiz für mich persönlich war, dass ich endlich ohne Text auswendig lernen müssen Schauspielern durfte. Denn als Kind spielte ich ab und zu in der Theatergruppe meiner Grossmutter in Basel mit – ein Horror für die Souffleuse…

Bei dieser Theaterform gibt es keine einstudierten Szenen. Wonach richten sich die Schauspieler?
Grundsätzlich nach den Vorgaben des Publikums. Zum Beispiel fragen wir das Publikum nach einer Beziehung oder einem Ort. Wenn das Publikum dann zum Beispiel «Beim Heissluftballonflug» wünscht und eventuell auch noch «Schwiegermutter und Schwiegertochter» als Vorgabe gibt, dann ist das schon viel Futter und wir steigen ein. Aber es gibt auch Formen, bei denen der Schauspieler mit einer Figur ausstaffiert wird. So zum Beispiel wird ihm ein Tier als Inspiration vorgegeben. Natürlich ist die Assoziation «Seepferd» ganz anders als die Assoziation «Nilpferd», und die Figur entwickelt sich in eine ganz andere Richtung und somit auch die Beziehungen, Gefühle und Geschichten.

Bild: Lamuns

An der Vorstellung am 8. April in Chur spielen Sie zusammen mit Gästen, das heisst mit Hirschwahn aus Aarau. Wie findet die Gruppe und ihre Gäste beim Spiel zusammen, wenn vorher nichts abgesprochen wurde?
Man kennt sich in der Szene, hat über die Jahre gemeinsam Workshops besucht und lädt sich gegenseitig ein. Ein gemeinsames Aufwärmen vor dem Auftritt hilft mir persönlich schon. Da erkenne ich, wie die «gegnerischen» Mitspielerinnen und Mitspieler drauf sind. Ich denke, es ist wie bei Jazzmusikern, die zusammenkommen. Ein paar Grundregeln braucht aber schon: Die Grundhaltung, den «Gegner» auf der Bühne gut aussehen zulassen, ist natürlich Pflicht, eine Prise Achtsamkeit hilfreich und Freude am Unbekannten dann Kür.

Auf welche Form des Improtheaters dürfen sich die Besucher der Vorstellungen in Chur freuen?
Es ist ein Wettkampf sozusagen ein «Impro-Match» geplant. Es erwarten uns knackige Spielformen mit Vorgaben, welche die Schauspielerinnen und Schauspieler erfüllen müssen. Ob das für Lamuns ein Heimspiel wird, ist offen … Auch darf sich das Publikum auf die musikalische Untermalung durch Urs Stocker mit der Gitarre freuen. Das Gegenspiel findet dann am 6. Mai in Aarau statt.

Bild: Lamuns

Welche Aufgabe kommt dem Publikum in diesen Vorstellungen zuteil?
Das wichtigste gleich vorab: Keine Zuschauerin und auch kein Zuschauer muss auf die Bühne. Die Zuschauer werden durch die Moderation aufgefordert, Inputs laut in die Runde hineinzurufen. Und danach darf das Publikum sich öffnen und geniessen. Zudem darf es zwischen den Spielen Punkte vergeben.

Was war bis heute die skurrilste Szene, die Sie auf die Bühne gebracht haben?
Das wollte ich das Publikum auch schon fragen. Also, damals in Malans als ich eine ganze Holzwurmkolonie spielen musste, die dann auch noch den Lead der Geschichte übernahm und zur Hauptrolle wurde – das war schon recht abgefahren. Skurril sind für mich immer Szenen, bei denen eine total unerwartete Wendung in der Geschichte kommt – oft ausgelöst durch einen Zufall, eine kleine Bemerkung oder einer fehlinterpretierten Geste – eben wie im Leben.

Welche Inputs sind schwierig umzusetzen?
Die zu sehr alltäglichen.

Mussten Sie bei einem Input auch schon passen, weil es nicht möglich war, ihn umzusetzen?
Eigentlich nicht. Es gilt, je abgedrehter und bizarrer die Inputs, desto besser. Aber es gibt auch Grenzen. Eine Inzest-Szene muss die Moderation ablehnen.

Wer entscheidet, wann eine Szene beziehungsweise eine Vorstellung zu Ende ist?
Eine sehr gute Frage. Oft ist es einfach der Impuls. Die kann auch vom Musiker, vom Licht, von der Moderation oder vom Publikum kommen. Und, wenn der Impuls zum Landen nicht kommt – dann gibt es nur eines: «Durchstarten».

Was plant Lamuns als Nächstes?
Wie bereits erwähnt treten wir am 8. April mit unseren Aargauer Gästen im Loësaal in Chur auf. Anfang Mai kommt es dann zum Gegenspiel in Aarau. Anfang Juni laden wir erneut nach Chur ein. Dann werden uns die Impronauten aus Basel zur Seite stehen. Daneben sind Gastauftritte bei Firmen, Seminaren oder Familienfesten geplant. Nach der Sommerpause ist ein Impro-Abend im Rosengarten Grüsch angedacht.

Impro-Theatergruppe Lamuns

Aktuell besteht die Gruppe aus sieben Schauspieler:innen: Helena Coiro, Eveline Weigand, Leonie Stocker, Simon Kessler, Mare Wieland, Lilan Leisinger und Nic Rüdisühli. Für die Geräuschkulisse sind die Musiker Urs Stocker und Mario Caviezel, welche die Theatergruppe abwechselnd begleiten, zuständig.

Programm

Dauer: jeweils 13/4 Stunden

Tickets für die Vorstellungen in Chur können über www.lamuns.ch, https://www.facebook.com/TheatergruppeLamuns oder an der Abendkasse. 

Ladina Steinmann