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Schiers
09.04.2022

Das Bahnhöfli eröffnet wieder

Endlich kann Brigitte Buchli wieder beizern am Bahnhof Schiers.
Endlich kann Brigitte Buchli wieder beizern am Bahnhof Schiers. Bild: C. Imhof
Nach fast einem Jahr Ungewissheit hat in diesen Tagen am Schierser Bahnhof wieder das Bistro Bahnhöfli von Brigitte Buchli eröffnet. Dank der grossen Solidarität der Bevölkerung und fleissigen Helfern hat die Beizerin in einer Containeranlage ein gemütliches Lokal innerhalb von drei Wochen hingezaubert. Offiziell eröffnet wird die gute Stube am 9. April 2022.

Am Bahnhof Schiers herrscht reger Betrieb. Diverse Pendler, aber auch Leute aus dem Dorf besuchen in diesen Tagen das Bistro Bahnhöfli. Auch wenn die Temperaturen es aktuell möglich machen, draussen Platz zu nehmen und ein kühles Blondes zu zischen, lassen sich es die Gäste von Brigitte Buchli nicht nehmen und werfen auch noch ein Auge in das Innere der grossen Containeranlage. Was aussen rustikal und anonym, wie die Ticketbaracke von der Rhätischen Bahn wirkt, ist im Innern liebevoll eingerichtet. Die gemütlichen Tische und Stühle sowie die grosse Bar aus Holz strahlen eine angenehme Wärme und «Heimeligkeit» aus. Man füllt sich beim Betreten des Lokals augenblicklich herzlich willkommen. Auffällig viele Blumen stehen aktuell auf dem Tresen und an den Fenstern. Diese sommerliche Dekoration habe aber nicht sie angeschafft, sagt Brigitte Buchli. «Aktuell bringt mir fast jeder Gast eine Blume mit, was mich sehr berührt. Es zeigt auch ein wenig, dass ich wohl nicht alles ganz falsch gemacht habe und dass sich die Leute freuen, dass wir wieder loslegen mit der Beiz.» Die Beizerin hat seit kurzem wieder sieben Tage die Woche auf. «Auch, wenn ein Verein oder eine Organisation neben den Geschäftszeiten beispielsweise das Enzianzimmer für eine Versammlung reservieren will, genügt ein Anruf und ich komme sofort.»

Wenn eine Welt zusammenbricht

Die Erleichterung ist bei Brigitte Buchli gross, denn der Austausch mit den Leuten vom Dorf in dieser Form habe ihr doch sehr gefehlt. Es scheint auch fast ein wenig so, als habe sich der Druck, der auf ihr gelastet hat, verflüchtigt und es stände nur noch Vorfreude auf die Eröffnung im Raum. «Auch wenn vieles vielleicht nicht so gut gelaufen ist, wie ich es mir gewünscht hätte, bin ich doch heute froh, dass ich das Ganze gemacht habe.» An die Nacht vom 2. auf den 3. August 2021 denkt Buchli nicht gerne zurück, verständlicherweise. «Damals hat meine Putzfrau angerufen und gesagt, dass der Bahnhof brenne. Ich selber hatte es nicht bemerkt, da ich in Pusserein wohne. Zuerst habe ich für mir gedacht, dass das wohl ein Aschenbecher sein musste, der sich entzündet hat. Als ich dann realisierte, dass das Feuer den ganzen Schuppen betroffen hat und mein Lokal durch die Löschversuche der Feuerwehr schwere Wasserschäden davontrug, ist schon irgendwie eine Welt für mich zusammengebrochen.» Genau drei Jahre und einen Tag sei sie in dem Lokal eingemietet gewesen, sagt die Beizerin aus Leidenschaft. «Eigentlich hätte ich ja einen zehn Jahre andauernden Pachtvertrag mit der RhB gehabt.» Gebeizert hätte sie wahrscheinlich bis zu ihrer Pension beim Bahnhof Schiers. Aus diesem Grund habe sie auch das ehemalige Lokal ohne Inventar übernommen und liebevoll umgestaltet. Doch zu viele Gedanken an das unbrauchbare Material oder gar an den Brandstifter und sein noch hängiger Gerichtsfall wolle Buchli nicht verlieren, denn sie sei ein Mensch der gerne aus solchen Situationen das Positive rausziehe und optimistisch in die Zukunft blicke.

Grosse Solidarität von allen Seiten

Bestärkt in ihrem Glauben, dass das Bistro Bahnhöfli wieder eröffnen wird, habe sie die enorme Solidarität von allen Seiten. «Nicht nur die Spendenaktion, die lanciert wurde, hat mir sehr geholfen, sondern auch die Sachspenden und auch gratis Dienstleistungen von diversen Handwerkern haben dafür gesorgt, dass wir jetzt endlich wieder loslegen können.» Die gesamte Containeranlage zu erwerben und liebevoll einzurichten, habe nur funktioniert, durch die Sammelaktion im Dorf, gute Wünsche und viel Hilfe von der Familie und Freunden. «Ich bin sehr dankbar und glücklich soviel Solidarität zu erleben, denn ohne sie hätte ich wahrscheinlich irgendwann aufgehört, das Projekt nach vorne zu treiben.»

  • Das Enzianzimmer kann auch gemietet werden. Bild: C. Imhof
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  • Dank viel Solidarität kann das Bahnhöfli wieder eröffnen. Bild: C. Imhof
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  • Richtig heimelig sieht’s im Bahnhöfli aus. Bild: C. Imhof
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Grosse Wiedereröffnungsfeier mit Musik

Brigitte Buchli ist eine Macherin. Statt Trübsal zu blasen hat sie in den vergangenen knapp acht Monaten vor allem ihrem Lebenspartner auf dem Hof oder beim Metzgen geholfen. Obwohl das Spass gemacht habe, sei nur das Beizern so richtig ihr Ding. Die ganzen Diskussionen mit Ämtern und öffentlichen Stellen hätten natürlich schon wahnsinnig viel Nerven gekostet. Doch dank den lieben Worten der Leute sei sie immer wieder motiviert geblieben. Denen und auch den lieben Unterstützern und Spendern wolle sie jetzt offiziell und von Herzen danken, weshalb sie die vier Musiker Sandro Thöny, Maurin Müller, Gaudi Bregenzer und Röbi Bieri am 9. April 2022 eingeladen habe. «Vor dem Brand haben wir am 31. Juli mit ihnen gefeiert, jetzt feiern wir mit der gleichen Formation die Wiedereröffnung.» Die Stimmung werde sicherlich auch dieses Mal grandios sein, für Speis und Getränke und viel Freude sei beim grossen Wiedersehen auf jeden Fall gesorgt. Der Vertrag für den aktuellen Platz hat eine Laufzeit von drei Jahren. Vielleicht geht es ja sogar ein bisschen länger und Buchli kann noch ein paar Jahre drüber hinaus vor Ort beizern. Denn es ist schon schön zu sehen, dass beim Bahnhof Schiers wieder zusammen geredet, getrunken und herzlich gelacht wird. Das ist deutlich mehr Kultur, als die anonyme Masse, die stier nur ins Smartphone blickt.

Christian Imhof