Für viele ist das Palottis immer noch «die Bäuerinnenschule». Bäuerinnen werden aber schon lange nicht mehr ausgebildet, was macht das Palottis heute?
Barbara Tschopp: Wir bieten jungen Menschen, die nach der Volksschule noch keine Anschlusslösung gefunden haben, ein passendes Brückenangebot an. Wir führen in diesem Schuljahr vier Schulklassen. Daneben finden in unserem Haus die unterschiedlichsten Workshops und Kurse statt, wie zum Beispiel die dreiwöchigen Hauswirtschaftskurse für Zürcher Gymnasiasten.
Das Palottis wurde früher meistens von einem Ehepaar geleitet. Heute ist es eine Co-Leitung von drei Frauen, ist das besser?
bt: Wir sind sehr breit aufgestellt, mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen. Das entspricht meinem Verständnis von Team mit verschiedenen Ressorts. Wie sollte eine einzelne Person alle Erwartungen allein erfüllen? Die Anforderungen sind schon gross. Wir sind ja nicht nur eine Schule, sondern haben einen Landwirtschaftsbetrieb, ein Internat und viele Räume, die kulturell genützt werden.
Wohin soll die Reise gehen?
bt: Schule und Bildung liegt mir zutiefst am Herzen. Sie will ich stärken und weiterentwickeln. Ein neues Projekt haben wir schon realisiert. Für den Kanton entwickelten wir ein IT-Schulungsangebot für erwachsene Migrantinnen & Migranten. Ich bin stolz auf unser Lehrerteam, dass wir das von A–Z in so kurzer Zeit geschafft haben.
Zwei Covidjahre haben die Arbeit geprägt. Wie war das?
Madeleine Amport: Das war ein Sprung ins eiskalte Wasser. Niemand wusste, wie man ein Schutzkonzept erstellt und immer wieder anpasst. Aus der enormen Menge von Informationen mit viel Juristendeutsch, musste ich rausfiltern, was für uns relevant ist. Aber alle haben mitgemacht und wir hatten kaum Fälle im Betrieb.
Auch an Dich die Frage: Wie ist das mit der Co-Leitung im Dreier-Team?
ma: Super. Ich kenne das von früher, wo ich im Gesundheitswesen in einem Direktoren-Team gearbeitet habe. Der Austausch tut gut und Themen werden von verschiedenen Seiten angegangen.
Ein Standbein des Palottis ist die Vermietung der verschiedenen Räumlichkeiten. Wo steht Ihr da?
ma: Wir sind dran, Corona hat uns natürlich ausgebremst. Viele Events mussten abgesagt werden. Das 2022 wird aber bestimmt wieder besser.
Was sind für Dich die Schwerpunkte des laufenden Jahres?
ma: Die Villa Palottis steht noch zu viel leer da. Das will ich ändern. Es sind aber einige hoffnungsvolle Optionen im Gespräch.
Du bist neu von aussen in die Geschäftsleitung dazu gestossen. Wie waren die ersten Monate?
Natalia Kramer: Jeder Neubeginn ist mit Mehrarbeit verbunden. Aufgrund verschiedener Faktoren war der Start weniger ruhig, als von mir erwartet. Mittlerweile hat sich jedoch alles im Alltag eingefügt, der Abschluss steht und ich fühle, dass ich im Palottis angekommen bin.
Das Budget sah ein grosses Defizit voraus. Wird die Rechnung nun so dunkelrot?
nk: Corona hat seine Spuren hinterlassen, aber wir konnten den Verlust um rund die Hälfte reduzieren. Das ist ermutigend.
Eine Co-Leitung gilt als sehr anspruchsvoll, wie war es wirklich?
nk: Das ist für mich nicht neu und ist meines Erachtens das beste Führungs-Modell. Fachkompetenzen sind verteilt und in grösserem Mass vorhanden, als bei einer Einzelperson. Klar ist, dass die Harmonie stimmen muss.
Oft sind Macht und Dominanz die Themen in männlich geprägten Teams. Ist das unter Frauen anders?
nk: Nein, das gibt es mittlerweile auch in Frauen-Teams. Das ist bei uns aber kein Thema.
Wo liegen die Schwerpunkte in Deinem Ressort im 2022?
nk: Die Geschäftsleitung will etwas voranbringen. Neue schulische Angebote sind in der
Pilotphase und natürlich ist eine schwarze Null das persönliche Ziel. In meinem Ressort möchte ich noch Abläufe vereinfachen und Verbesserungen vornehmen.