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Maienfeld
25.05.2022

Ein kleines Hotel für Fläsch

Bild: zVg
Fläsch hat kein Hotel, aber gut zwei Dutzend leere Ställe. «Das wollen wir ändern», sprach Silke Ebner, die Leiterin der Klasse Innenarchitektur an der ibW Schule für Gestaltung von Maienfeld.

Sie klopfte auf der Suche nach einem Thema für ihre Diplomand:innen bei Köbi Gantenbein in Fläsch an die Tür, denn der Verleger der Zeitschrift «Hochparterre» wohnt in einem alten Haus seiner Familie und braucht den alten Stall als Holzlager für den Kachelofen und hat im Übrigen grosse Freude an der grossen zwecklos schönen Leere. Der rückten nun die zehn Diplomand:innen zu Leibe und haben zehn Varianten für ein kleines Hotel in Fläsch entworfen. Die Bilder, Berechnungen, Überlegungen waren bis 19. Mai als «Werkschau» in der ibW Schule für Gestaltung am Städtliplatz in Maienfeld zu sehen – zusammen mit den Diplomarbeiten der Klasse für Produktdesign und Arbeiten weiterer Lehrgänge.

Anlässlich der Diplomfeier sprach der frisch gebackene Hotelbauherr Gantenbein zu den neu diplomierten Innenarchitektinnen und Innenarchitekten: «Liebe Diplomierte, ich – euer Bauherr – bin beeindruckt, fasziniert und gerührt. Zehn Wochen – ich bin beeindruckt, was ihr alle in dieser kurzen Zeit an professionellem Können hergelegt habt. Mich beeindrucken Analyse, Entwurf, Varianten, Entscheide, Belichtung, Möblierung, Durchführung in Kosten und Terminplanung. Und ich bin beeindruckt, mit welchem Tiefgang ihr dieses Ritual habt füllen können. Ich habe sogar ein paar Kostenversprechen nachgerechnet – sie sind, wie es Sitte und Brauch ist, darauf angelegt, den Bauherren zu bezirzen mit Kostengunst, aber auch das gehört zu eurem Beruf.

Bild: zVg

Ich bin fasziniert – das professionelle Werkzeug von der Statik bis zur Kenntnis der Möbelkataloge, von den Materialien bis zur Kalkulation der Kosten, ist nötiges Werkzeug für die Innenarchitektin. Es reicht nicht. Das wichtigste Werkzeug ist die Fantasie, die Vorstellungskraft, die Bilderfreude und das Können aus Gegebenem etwas zu machen, das mehr kann als nur funktionieren. Eure Arbeiten sind fantasievoll, wie sie die Lichtstimmungen und die Lebensspuren in und um mein Haus aufnehmen, verwandeln und variieren. Wie sie Bilder und Stimmungen schöpfen und bauen, wie sie Freude haben an Geschichten.

Schliesslich ich bin berührt. Mich berührt, wie einige Arbeiten meiner Lebensform und meinem Denken auf die Spur kommen wollen. Ich weiss, dass einige von euch haben staunen müssen, wie der Verleger der Architekturzeitschrift Hochparterre wohnt – ein Kachelofen fürs ganze Haus statt Bodenheizung, Möbel aus dem Erbe der Familie statt aus dem Designladen, Elektroröhrli aus Blei über Putz statt smarthome. Erwachsen geworden bin ich im Geist der Moderne. Deren Architekten-Übervater Mies van der Rohe sprach: Less is more. Weniger ist mehr. Und baute Klotz um Klotz die Welt zu. Unterwegs war ich in der Blüte meines Lebens mit dem Gegenspruch: Less is a bore. Weniger ist fad. Also – gib ihm! Die Grossväter, die Väter und meine Generation haben es geschafft, die Welt an den Abgrund zu stossen.

Bild: zVg

Ich sitze im Abendrot meines Lebens nun und bin sicher, dass die kulturellen, politischen und umweltlichen Brüche, euren Beruf grundlegend verändern werden. Und eure vornehmste Aufgabe wird werden, mit professionellem Werkzeug und Fantasie als Gestalterinnen, guten Lebensraum gestalten, wenn gilt: Weniger ist weniger. Und ich bin sicher, dass das Leben dort schön und lebenswert ist, wo die Architektinnen und Gestalter gemerkt haben, wie Genügsamkeit und Schönheit zusammenspielen können. Einige von euch sind dahin unterwegs und ich wünsche euch einen ertragreichen Weg.»

Köbi Gantenbein