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Wenn Glocken Konzert machen

Bild: Rolf Rauber-Bühler
Die Erwartungen und die Neugier am Abend des Auffahrtstages und infolgedessen auch der grosse Aufmarsch des Publikums zum angekündigten «Glockenkonzert» im Turm von St. Jakob in Klosters zum 800-Jahr-Jubiläum war bezeichnend. Und das «Konzert» erwies sich denn auch als Event besonderer Güte.

Es war schon eine recht ausgefallene Idee, zum 800-Jahr-Jubiläum der Gemeinde Klosters gleich zwei neue Kirchenglocken anzuschaffen. Nachhaltiger könnte eine solche Investition ja nicht sein, stammt die älteste Glocke im bisherigen Geläute doch immerhin aus dem Jahre 1428. Die beiden Neuen, die «Jakobs-» und die «Walser-Glocke» ertönten bereits beim Gründungs-Gedenk-Akt am Dienstag vergangener Woche erstmals im jetzt fünfstimmigen Festgeläute in dem aus dem 13. Jahrhundert stammenden Kirchturm. Die aussergewöhnliche Veranstaltung eines «Glockenkonzertes», in welches gleich alle fünf Glocken von St. Jakob und sogar das sagenumwobene «Schlappiner-Glöggli» integriert waren, wurde möglich durch die sogenannten «Golden Bells» des aus Baselland stammenden Glockenkünstler Eric Nünlist, seiner Musikpartnerin Silvia Stampfli sowie der ursprünglich aus dem Tessin stammenden Musikgruppe «Bandella Vista Mare». Für das Konzert in Klosters wurde unter anderem eigens ein neues Musikstück komponiert, welches mit dem reichhaltigen Glockenspiel der beiden Künstlerpersonen, den Klosterser Kirchenglocken und der Musikband zusammen interpretiert wurde. Ein einmaliges Spektakel! In aufwändiger Arbeit bereiteten sich die Interpreten auf dieses gemeinsame Werk vor. Technische Feinarbeit, mit Zugseilen konstruierte Verbindungen zu den Glocken im Turm kombiniert mit einer ausgeklügelten Hightech-Anlage verlangte eine intensive Vorbereitung. Fast unvorstellbar, wie ein Zusammenspiel auf diese Weise unten und oben möglich wurde!

Bild: Rolf Rauber-Bühler

Eine «Erst- und Letztaufführung» für Klosters

Das als Uraufführung konzipierte Werk «5 Glockenspiele» war besonders beeindruckend. Glocken dienen seit Jahrtausenden nicht nur als Mahnrufe oder als Einladung zur Gemeinschaft, sie sind bereits in biblischer Zeit als Instrumente erwähnt. Im Alten Testament wird berichtet, dass Glocken damals dem Vorsänger zum richtigen Ton verhalfen und selbst dazu dienten, Dämonen abzuwehren. In unserer Zeit entdeckte der profilierte Kirchenmusiker Erich Nünlist die Möglichkeit, mit Glocken zu «konzertieren». Seit Jahren bewegt er sich zusammen mit seiner Künstlerpartnerin auf Tourneen mit seinen amerikanischen «Handbells» und zeitweise mit seinem mobilen Carrillon. Mit der 10-köpfigen «Bandella Vista Mare» musizierten sie zum ersten Mal zusammen. Das Echo auf ihre Konzerte – oft zusammen mit örtlichen Kirchenglocken – ist durchwegs gewaltig. So verwundert auch das Interesse und die Begeisterung für das stattgefundene Konzert in Klosters nicht. Beeindruckt lauschte die grosse Zuhörerschaft auf dem Kirchplatz dem gemeinsamen Musizieren der Glockensolisten und der Instrumentalgruppe. Was für eine Konzentration, was für eine Musikalität und Genialität muss da bei den Interpreten vorhanden sein!

Bild: Rolf Rauber-Bühler

Mit Seilzügen und Kopfhörern

Was letztlich zu diesem musikalischen Höhepunkt für die 800-Jahr-Feier von Klosters führte, bedurfte einer sorgfältigen Projektierung und einer langen technischen Vorbereitung vor Ort. Das von Peter Zemp speziell für Klosters komponierte Musikstück, eine Erst- und gleichsam Letztaufführung!, interpretiert durch die beiden Glocken-Künstler und die Musikergruppe wurde von langer Hand geplant und dank heutiger Kommunikationstechnik – mit Kopfhörern verbunden! – minuziös eingeübt. Was schliesslich als Musikereignis auf dem Kirchplatz Klosters ertönte, war Knochenarbeit im wahrsten Sinne, verbunden mit musikalischer Genialität. Dies gilt auch für alle übrigen von den Glockenspielern oder der Bandella allein gespielten Kompositionen.

Bild: Rolf Rauber-Bühler

Bleibende Erinnerung

Das Glockenkonzert vom Auffahrtstag in Klosters ist mehr als eine bleibende Erinnerung an die 800-Jahr-Feier. Wann immer die Glocken von St. Jakob in Zukunft vom Turme rufen, man wird sich an dieses aussergewöhnliche Musik-Erlebnis erinnern. Im vielfältigen Strauss aller Veranstaltungen in der vergangenen «Gründungswoche», aber auch der das ganze Jahr über anstehenden Feierlichkeiten wird dieses Erlebnis in vielen Ohren in Klosters sowie bei den vielen extra von auswärts hergereisten Zuhörern noch lange hängen bleiben.

Rolf Rauber-Bühler