Er könnte Bücher schreiben, über das, was er während seiner Zeit als Grenzwächter erlebt habe, erklärt Fred Aebi mit etwas Wehmut in der Stimme. Auf dem Tisch vor ihm liegen Fotos und Dokumente aus dieser Zeit. Darunter das Buch «Schuders und seine Bewohner» von Mathias Thöny. Auf dem Titelbild ist das Kirchlein mit der majestätischen Kulisse der Drusenfluh und Sulzfluh abgebildet - und etwas oberhalb der Kirche ein schmuckes Holzhaus. «Das war das Zollhüschi», erinnert er sich. «Dort habe ich von 1959 bis 1962 gewohnt; und dort waren auch unsere Waffen und unsere Ausrüstung gelagert.»
Exil-Herrschäftler
Fred Aebi wuchs in Maienfeld (im Bahnwärterhüsli beim Rotbrüggli), Fläsch und Bad Ragaz auf und absolvierte in Maienfeld bei der Firma Zehnder eine Lehre als Spengler und Sanitärinstallateur. Heute lebt er in Buchs und Zernez. Seine Frau Tina ist eine Engadinerin, die er während seiner Grenzwachtzeit in La Drossa am Ofenpass kennengelernt hatte. Das Engadin war nach dem Prättigau und dem Avers (Gebirgsposten Cröt) seine dritte Grenzwachtstation. «Genauer gesagt die vierte», präzisiert er. Angefangen hatte er im 1. Zollkreis in Basel, wo es ihm aber nie richtig gefallen habe. «Als Bergler zog es mich schnell wieder in die Alpen; und so liess ich mich in den 3. Zollkreis auf einen Gebirgsposten versetzen.» Das war dann eben Schuders.
Gebirgsposten Schuders
Der Abschnitt dieses Gebirgspostens reichte vom Lüneregg bis zu der Schesaplana. «Die Grenzer vom Posten Seewis waren immer ein wenig neidisch, dass der Schesaplana zu uns gehörte und sie für den Abschnitt bis zum Falknis zuständig waren», schmunzelt Aebi. «Verantwortlich für die Prättigauer Grenzwächter war Hauptmann Möhr, vertreten durch unseren Abschnittchef Adjudant Heiri Liesch aus Malans.»
Grenz- und Jagdaufsicht
Während seiner Zeit als Grenzwächter sei er sehr viel gelaufen. Sein Auto – ein weisser Fiat Jagst mit der Nummer GR 7155 – habe er bei der Wirtschaft in Maria Montagna bei Wirt Belz abstellen dürfen. «Die Strasse nach Schuders war schlecht und aufgrund eines grossen Hangrutsches eingangs Dorfs teilweise sogar länger unpassierbar. So erfolgte auch der Postdienst von und nach Schiers mit Saumpferden.» Nicht nur die Strecke von Schiers nach Schuders, sei er viel gelaufen – einmal sogar von Schuders bis nach Seewis zum Schiessen (ein Blick in seinen randvollen Kranzkasten zeigt, dass Aebi auch ein passionierter und erfolgreicher Schütze war). Aber auch in den Schierser und Grüscher Alpen, auf Salfsch, in der Stinki, im Wäschchrut oder auf der Grenze zwischen Schweizertor und Lüneregg sei er sehr viel unterwegs gewesen – im Winter mit den Tourenskis. «Unser Überwachungsdienst bestand nebst der Grenzkontrolle unter anderem auch darin, die Grenzsteine zu kontrollieren oder bei der Sömmerung und der Entladung das Vieh zu zählen und allfällige Verluste festzuhalten, oder die Jagdaufsicht auszuüben.» Ganz ernst genommen habe man letztere Funktion allerdings nicht immer, erinnert sich der Exil-Herrschäftler. «Wir wussten zum Beispiel genau, dass der Senn Hansruedi Frey während des Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettags die Jagdwaffe in der Alphütte hatte, was natürlich verboten war. Da wir mit den Älplern ein sehr gutes Verhältnis hatten und oft mit ihnen zusammensassen, schauten mein Kollege und ich nach dem ‹Vieraugenprinzip› halt einfach weg.»