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«Reich befrachtete Gemeindeversammlung»

Viele Stimmberechtigte interessierten sich für die anstehenden Geschäfte.
Viele Stimmberechtigte interessierten sich für die anstehenden Geschäfte. Bild: Peter Müller
Die Stimmberechtigten der Gemeinde Luzein genehmigten die Jahresrechnung 2021 einstimmig. Zudem wurden zwei neue gesetzliche Vorlagen beraten und grossmehrheitlich angenommen – ein neues Polizeigesetz und eine Verordnung über das Befahren von Landwirtschafts-, Forst- und Alpstrassen mit Motorfahrzeugen.

Schliesslich wurden auch der Rahmenkredit zugunsten des Forstbetriebs Madrisa, sowie ein Kredit zur Sanierung der Liegenschaft mit dem VOLG-Laden in St. Antönien mi grossem Mehr bewilligt. Einiges mehr zu reden gab das Vorhaben für eine neue Tankstelle in Küblis, an welcher sich die Gemeinde mit einem Kredit von 610 000 Franken beteiligen würde. Nach angeregter Diskussion wurde dieser Antrag deutlich versenkt.

Christian Kasper, Präsident des Gemeindevorstandes Luzein, konnte 95 Stimmberechtigte zur Gemeindeversammlung begrüssen. Da die Traktandenliste einige besondere Geschäfte beinhaltete, war eine angeregte und auch etwas längere Versammlung zu erwarten, was sich dann auch bewahrheiten sollte.

Gemeindepräsident Christian Kasper eröffnet die Versammlung. Bild: Peter Müller

Jahresrechnung 2021

Die Gemeinderechnung schliesst mit einem Ertrag von 520 000 Franken, um rund 480 000 Franken besser ab als budgetiert. Dabei sind Vorfinanzierungen von 500 000 Franken für die Gesamtmelioration Luzein und 700 000 Franken für die Lawinenverbauungen Chüenihorn bereits berücksichtigt. Mehreinnahmen bei den allgemeinen Gemeindesteuern, den Sondersteuern, der Schuttdeponie, der Kraftwerk Schanielabach AG, dem Dotationskapital der GEVAG und auch geringere Aufwände führten zu diesem positiven Rechnungsabschluss.
Die Verantwortliche für die Finanzbuchhaltung, Karin Egli, hatte einige Fragen bezüglich einiger Posten zu beantworten, insbesondere im Zusammenhang mit dem Forstwesen. Nachdem der Vertreter der Geschäftsprüfungskommission nichts zu bemängeln hatte und sich lobend über die Rechnungsführung äusserte, wurde die Rechnung einstimmig genehmigt und den Gemeindebehörden Entlastung erteilt.

Neues Polizeigesetz

Um den Schutz der öffentlichen Sicherheit, Ruhe und Ordnung auf dem gesamten Gemeindegebiet einheitlich und klar zu regeln wurde ein neues Polizeigesetz ausgearbeitet. Das neue Gesetz sieht vor, die polizeilichen Aufgaben der verschiedenen beteiligten Organisationen und Beauftragten auch im Zusammenhang mit übergeordnetem Recht klar zu regeln. Fragen im Zusammenhang mit eben diesem übergeordneten Recht und bezüglich der Kompetenzen von mit Ordnungsaufgaben in der Gemeinde betrauten Personen wurden angesprochen. Ebenso wurde beantragt, die Kompetenz der Gebührenfestlegung nicht dem Gemeindevorstand zu übertragen, was aber keine Mehrheit fand. Etwas mehr zu reden gab das Thema des Abstellens von Motorfahrzeugen und Gerätschaften, insbesondere wenn dies einem Lagerplatz gleichkommt. Schliesslich wurde das neue Polizeigesetzt mit überwältigendem Ja-Stimmen-Anteil genehmigt, allerdings mit der Auflage, dass die rechtliche Situation bezüglich dieses Abstellens und Lagerns von Fahrzeugen geklärt wird und an der nächsten Gemeindeversammlung nochmals aufgenommen und entsprechend in einer Gesetzesrevision berücksichtigt wird.

Auch nach der Versammlung wurde noch angeregt diskutiert. Bild: Peter Müller

Verordnung für das ­Befahren besonderer Fahrwege

In der Gemeinde Luzein bestand bisher kein allgemeingültiges Gesetz, welches das Befahren der Landwirtschafts-, Forst- und Alpstrassen regelte. Nachdem die Tratzastrasse als Gemeindestrasse übernommen wurde und die Aussicht auf weitere Überführungen von Privat- und Genossenschaftsstrassen besteht, sah sich der Gemeindevorstand veranlasst, ein entsprechendes Reglement auszuarbeiten. So entstehen klare und einheitliche Regelungen für das gesamte Gemeindegebiet. Nach kurzer Aussprache, bei der es vor allem um die Zufahrtsrechte auf diesen Fahrwegen ging, wurde diese Verordnung beinahe einstimmig gutgeheissen.

Rahmenkredit für den Forstbetrieb Madrisa

Im Zusammenhang mit den Unwetterschäden des Sturmes «Burglind» anfangs Januar 2018 musste der, durch die Graubündner Kantonalbank, gewährte Rahmenkredit für den gemeindeübergreifenden Forstbetrieb Madrisa massiv erhöht werden. Aufgrund der damit zusammenhängenden Rückzahlungsmodalitäten haben die Verbandsgemeinden im Jahr 2021 beschlossen, dass der Grund-Kreditrahmen durch die Gemeinden selbst zu finanzieren sei und Kredite der Graubündner Kantonalbank nur bei besonderen Ereignissen beansprucht werden sollen. So können einerseits die Bankzinsen eingespart werden und andererseits kann auf die jährliche Rückstellung von 100 000 Franken zur Reduktion des Rahmenkredits der Bank verzichtet werden.

Aufgrund des Verteilschlüssels ergibt sich für die Gemeinde Luzein ein Darlehensbeitrag in der Höhe von 250 000 Franken zugunsten des Forstbetriebs Madrisa. Was sich bei der Beratung über die Jahresrechnung abzeichnete, kam bei diesem Thema nochmals auf. Bemängelt wurde die Transparenz bezüglich Finanzen im Forstbetrieb und die Frage kam auf, ob dieses Mitmachen im Zweckverband sinnvoll sei. Gemeindevorstand Bernhard Brülhart, welcher zugleich als Präsident des Zweckverbands amtet, erläuterte den Anwesenden die Hintergründe des Forstbetriebs Madrisa, den Sinn für dieses partnerschaftliche Miteinander im Tal und gab auch einen kurzen Einblick in die finanzielle Situation. In der Abstimmung über diesen Rahmenkredit zeigte sich dann eine sehr grosse Zahl an Befürwortern und nur einigen vereinzelten Gegenstimmen.

Kredit Liegenschaft «VOLG St. Antönien»

Nach dem erfolgten Umbau des VOLG in Pany soll auch die Filiale in St. Antönien den heutigen Kundenbedürfnissen sowie den gesetzlichen Voraussetzungen angepasst werden. Für den Weiterbetrieb des Ladens in St. Antönien setzt die VOLG Detailhandels AG eine Investitionsbeteiligung der Gemeinde Luzein als Liegenschaftsvermieterin in der Höhe von 290 000 Franken voraus. Im Zuge des Umbaus möchte der Gemeindevorstand zusätzlich eine Fassadensanierung mit voraussichtlichen Kosten von 60 000 Franken vornehmen. Nachdem Gemeindevorstand Koni Flütsch dieses Projekt vorgestellt hatte, waren nur wenige Wortmeldungen zu verzeichnen und bald wurde diese Vorlage einstimmig gutgeheissen.

Kredit EcoStop-Automatentankstelle in Dalvazza

Die Haushalte im Mittelprättigau werden durch die verhältnismässig hohen Benzin- und Dieselpreise an den heimischen Tankstellen finanziell stark belastet. Abklärungen haben ergeben, dass die Firma EcoStop an ihren Tankstellen markant günstigeren Treibstoff in guter Qualität anbietet. Basierend auf einem Vorprojekt sind für eine Selbstbedienungs-Tankstelle mit vier Zapfsäulen auf dem gemeindeeigenen Gewerbegrundstück an der Industriestrasse in Dalvazza mit Investitionskosten von 610 000 Franken zu rechnen. Aufgrund der zugesicherten Fixmiete wären diese Investitionen bereits nach sieben Jahren amortisiert. Die umgerüstete Tankstelle in St. Antönien würde neu auch durch EcoStop gemietet und beliefert. Koni Flütsch stellte dieses Projekt vor und schon bald entbrannte eine hitzige Diskussion. Dem vorgelegten Projekt wurde die mangelnde Sicht auf die Zukunft im Zusammenhang mit der Entwicklung der Mobilität aber auch bezüglich der aktuellen Klimadebatte vorgeworfen. Zudem wurde bemängelt, dass durch den Betrieb einer unbedienten Tankstelle ja keine Arbeitsplätze geschaffen würden, im Gegensatz aber die beiden bestehenden Tankstellen in Küblis konkurrenziert würden. Schlagworte wie «Förderung des Benzintourismus» flossen in die Diskussion ein und es kam auch die Frage auf, ob es Aufgabe von Luzein sei – einer Gemeinde welche sich für Lebensqualität und zukunftsgerichtetes Handeln stark macht – einem Betreiber einen Kredit für den Bau einer neuen Tankstelle zu gewähren. Die finanziellen Aspekte und die Aussicht auf eine relativ kurze Amortisationszeit schienen nicht zu verfangen. Schliesslich wurde dieses Kreditbegehren mit einem Stimmenverhältnis von 48 zu 29 deutlich abgelehnt.

Der von der Gemeinde offerierte Apéro lud noch zum Bleiben ein. Bild: Peter Müller

Mitteilungen und Umfrage

Aufgrund einer Motion aus der Bevölkerung hat sich der Gemeindevorstand dafür entschieden – wie dies andere Gemeinden auch bereits tun – die wichtigsten Beschlüsse aus den Vorstandssitzungen monatlich im Amtsblatt zu publizieren. Gemeindevorstand Martin Küng berichtete über die Organisation des «First Responder»-Teams bevor der Gemeindepräsident um 22.30 Uhr diese Versammlung abschliessen und zum abschliessenden Apéro, offeriert durch die Gemeinde, einladen konnte.

Peter Müller