Home Region Schweiz/Ausland Sport Agenda Magazin
Schiers
03.09.2022

Kehrt mit Beginn der Jagd Ruhe ein für die Wildhut ?

v.l. Stefan Rauch (Check Jagdbezirk XI), Martin Gujan (Stv).
v.l. Stefan Rauch (Check Jagdbezirk XI), Martin Gujan (Stv). Bild: M. Meier
Schon bald geht sie wieder los, die traditionelle Bündner Hochjagd. Was bedeutet dies für die Wildhut? Was ist deren Aufgabe und wie ist sie im Prättigau organisiert? Am Tag der Patentausgabe in Schiers ermöglichten Stefan Rauch und Martin Gujan einen Blick hinter die Kulissen.

Wildhüter sein hört sich irgendwie verträumt und romantisch an. Den ganzen Tag in Gedanken versunken fernab der Zivilisation auf der Pirsch, dem Rauschen der Tannen lauschen, ab und zu ein krankes oder verunfalltes Tier von seinen Leiden erlösen, um anschliessend wieder irgendwelche Fährten zu studieren. Auch wenn der Beruf diskussionslos sehr viele schöne Seiten hat: Ganz so idyllisch präsentiert sich der Alltag doch nicht, wenn man den Wildhütern Rauch und Gujan zuhört. Selbstverständlich findet die Arbeit grösstenteils in der freien Natur statt. Und ja, sich von Amtes wegen mit dem Verhalten der Wildtiere auseinanderzusetzen gehört zur zentralen Aufgabe eines Wildhüters. Dabei kommt die Wildhut aber immer auch zum Einsatz, wenn Verkehrsunfälle mit Wildtieren geschehen oder jemand ein krankes, verletztes oder sich auffallend verhaltendes Tier meldet. Um hier sinnvoll organisiert und rasch am Einsatzort zu sein, wurde der Jagdbezirk 11, welcher die Region Herrschaft-Prättigau umfasst, in fünf Teilregionen aufgeteilt. Jeder Abschnitt wird von einem Wildhüter betreut. Seit dem 1. Mai 2016 ist Stefan Rauch als Wildhüter im Prättigau im Einsatz. Per 1. September 2021 konnte er das Amt als Bezirkschef übernehmen. Vertreten wird er von Martin Gujan, welcher per 1. Februar 2022 zum Team zurückkehrte und dabei das Aufsichtsgebiet Schiers, Grüsch, Fanas vom langjährigen Wildhüter Heinz Guler übernahm.

Feldornithologe Rauch

Für Stefan Rauch, gelernter Ofenbauer und Plattenleger, ging mit seiner Wahl zum Wildhüter ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Das Prättigau konnte der Engadiner zuvor als Hüttenwart kennenlernen. Während sechs Jahren war er für den Erfolg der Silvrettahütte des SAC oberhalb Klosters verantwortlich. Als stark naturverbundener Mensch konnte er sich bereits da viel mit dem Kreislauf der Natur befassen. An seiner heutigen Aufgabe schätzt er denn auch besonders, wie mit wissenschaftlichen Projekten zahlreiche Thesen über das Verhalten von Tieren bestätigt und/oder neue Erkenntnisse gewonnen werden können. Für den zusätzlich in Feldornithologie geschulten Rauch war denn das Besenderungsprojekt «Steinadler», welches zusammen mit der Vogelwarte Sempach durchgeführt wurde, entsprechend kurzweilig und lehrreich.

Rückkehrer Gujan

Martin Gujan seinerseits schätzt an seiner Arbeit besonders, wie er über lange Zeit die Möglichkeit hatte, seinen Auftrag auch mit Unterstützung seines Hundes ausüben zu können, um die gesuchten Tiere rascher auffinden zu können. Daneben ist für den gelernten Karrosserie-Spengler das Besenderungsprojekt «Rätikon», Rothirsch, im Prättigau in besonders positiver Erinnerung. Über vier Jahre hinweg wurden im Dreiländereck Prättigau, Vorarlberg und Fürstentum Liechtenstein gezielt Rothirsche besendert. Daraus konnten wertvolle Erkenntnisse gezogen werden in Bezug auf das Bewegungsmuster der Tierart, welches sich nicht nur in unterschiedlichen Ländern, sondern, für die Wildtiere deutlich entscheidender, in drei verschiedenen Jagdsystemen bewegt. Martin Gujan gehört dem Team der Prättigauer Wildhut mit einem zweijährigen «Älpler»-Unterbruch bereits seit 2002 an.

Grosse Vorfreude. Bild: M. Meier

Anwälte der Wildtiere

Die Wildhut hat aber nicht nur Beobachtungs- und Forschungsaufträge zu erfüllen. Sie ist auch als «grüne Polizei» dafür verantwortlich, dass Gesetze eingehalten werden in Bezug auf Pilz- und Pflanzenschutz, Gewässerschutz, Landwirtschaft (Stichwort «Zäune»), Fütterungsverbot von Schalenwild, Fischereiaufsicht und die Einhaltung der Wildruhezonen. In diesem Sinne ist die Wildhut auch eine Art «Anwalt der Tiere» wenn sie sich dafür einsetzt, dass die Lebensräume der Wildtiere geachtet werden und mit diesen artgerecht umgegangen wird. Diese Tätigkeiten erfordern naturgemäss Standfestigkeit und führen dazu, dass man auch einmal hart durchgreifen muss.

Es folgen sechs Monate Jagd

Am 3. September beginnt die Bündner Hochjagd. Sie bildet auch den Auftakt für ein halbes Jahr Jagd, denn nebst der Hochjagd finden bis Ende Februar auch noch Steinwildjagd, Niederjagd und die Passjagd statt. Ruhe kehrt somit noch keine ein. Auch wenn man früher mit einem Augenzwinkern sagte, dass die Hochjagd zu den ruhigsten drei Wochen für die Wildhut führte, da die Grünröcke bestens selbst aufeinander aufpassten … Weidmannsheil und eine schöne Jagd!

Michael Meier