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11.10.2022

Die Weinbauern mit guter Ernte in den Kellern

Georg Fromm bei seiner 54. Weinlese in Malans.
Georg Fromm bei seiner 54. Weinlese in Malans. Bild: Ernesto Felix
Die meisten der rund 70 Weinbaubetriebe zwischen Trimmis und Fläsch haben sowohl was die Quantität als auch die Qualität betrifft eine gute Traubenernte eingefahren. Dementsprechend zufriedene Stimmen sind hüben und drüben zu vernehmen.

«Das Jahr 2022 hat ja supergut angefangen. Zwar tauchten punktuell dunkle Gewitterwolken auf, weil man zwischenzeitlich Frostschäden befürchten musste», blickt der Maienfelder Rebaukommissär Walter Fromm zurück. Als Leiter der Fachstelle für Weinbau am Plantahof ist er quasi in einer Doppelfunktion tätig. Einerseits in der Beratung und andererseits im Vollzug, will heissen, in der Überwachung der geltenden Richtlinien in Sachen Weinanbau. «Heuer erfolgte der Wimmet zwei bis drei Wochen früher als in den Vorjahren. Durch das milde Klima haben die Knospen früher ausgetrieben, dadurch erhöhte sich das Risiko von Frostschäden zu Jahresbeginn. Zum Glück sind wir in Graubünden von Frost und Hagel verschont geblieben. Dank unserer bevorzugten Lage haben die Rebberge trotz Trockenheit immer wieder eine gewisse Wassermenge erhalten», so Fromm.

Önologe und Kellermeister Cédric Werner. Bild: Ernesto Felix

Quantiät stimmt wieder

Sehr zufrieden zeigte sich der Rebbaukommissär mit den Erträgen aus den Weinbergen: «Seit 2018 hatten wir nie mehr eine derartige Quantiät. Das tut den Weinkellern gut.» Was die Qualität angeht, prognostiziert Fromm einen guten Jahrgang 2022. Den Superlativen, die schon zu hören sind, kann er sich nicht anschliessen. «Gerade für den Pinot noir wirkte sich das zu milde Klima nicht nur positiv aus. Dadurch, dass die Trauben relativ früh reif geerntet werden mussten, droht der Pinot etwas an Filigranität und Eleganz einzubüssen.» Dies hänge mit dem vorzeitigen Säureabbau zusammen. Beispielsweise für den Merlot hingegen waren die Bedingungen gut. Das neiderschlagsarme Jahr habe als positive Begleiterscheinung auch dazu geführt, dass deutlich weniger Pestizide und Fungizide eingesetzt werden mussten.

Jungunternehmer und Manager Marco Fromm. Bild: Ernesto Felix

In den nächsten Wochen werden die Kellermeister:innen gefordert sein, um das Optimale aus dem Traubengut herauszukitzeln. «Die Fachleute im Keller haben grossen Einfluss auf die Qualität des Endproduktes. Es ist bei der Vinifizierung ein bisschen wie beim Schönheitschirurgen: Wenn man es übertreibt, kann es schiefgehen», schliesst Fromm.

Weinlese 2022 weitgehend abgeschlossen

Die meisten Weingüter haben inzwischen die Weinlese abgeschlossen. Einzelne wie dasjenige von Andreas von Sprecher in Maienfeld oder jenes von Johann Batista von Tscharner (Reichenau) sind mit ihren Helfern:innen derzeit noch am «Wimmeln». Nebbiolo-Trauben zum Beispiel werden gemäss Fromm in der Regel später gelesen als Blauburgunder.

In Malans besuchte «P&H» am Schlusstag das Weingut Fromm. Die rund 20 «Wimmler:innen», vorwiegend erfahrene Frauen und Männer im Pensionsalter, griffen für heuer ein letztes Mal zu Schere und Kessel. Zum Schluss legten sie nochmals Hand an im Wingert Heilig-Agger und im Schöpfi-Wingert. «Insgesamt haben wir gegen 50 Tonnen Trauben geerntet», sagt der sichtlich zufriedene Senior des Weinguts, Georg Fromm. Es ist für ihn der 54. Jahrgang, der nun im Keller seines Weingutes reifen wird. «Und immer noch ist er mit aufgeregter Spannung an der Arbeit», bemerkt lächelnd Sohn Marco. Man merkt schnell, innerhalb der Familie herrscht Harmonie. «Das heisst nicht, dass wir uns immer einig sind. Manchmal wird auch hart diskutiert», so Marco. Aus den rund 50 Tonnen Traubengut werden – wenn es dann so weit ist – zwischen 40 000 bis 50 000 Flaschen zu 7,5 Deziliter abgefüllt. Etwa 60 Prozent Rotwein und 40 Prozent Weissen. Bis es allerdings so weit ist, hat der junge Kellermeister Cédric Werner noch eine Menge Arbeit vor sich. «Jetzt geht es einerseits darum, unsere Linie und Stilistik beizubehalten und auch weiterzuentwickeln. Wir sind ja bekannt für eher fruchtig-frische und elegante Pinots. Andererseits muss man sich im Keller auch bewusst sein, dass man nicht mehr erreichen kann, als das Traubengut hergibt.» Werner attestiert der Ernte 2022 eine gute Qualität. Ob der 22er-Jahrgang auch in die Geschichte eingehen wird, wie Pinot noir Schöpfi von 2019, werde sich erst noch zeigen müssen. Der 19er-Schöpfi erreichte nämlich die höchste Bewertung in einer Panel-Verkostung unter 30 Spitzenweinen der Sorte Pinot noir aus der ganzen Schweiz.

PINOT NOIR IN FÜNFTER GENERATION

Familie Fromm widmet sich seit fünf Generationen dem Anbau der edlen Blauburgunderrebe, die kurz vor der Einbürgerung der Familie Fromm 1648 vom französischen Hugenottenführer Duc de Rohan nach Malans gebracht wurde. Schon Georg Fromm senior erkannte das Potenzial der verschiedenen Reblagen. Für seinen Einzellagen-Blauburgunder aus dem Schöpfi-Wingert wurde er 1912 an der schweizerischen Fachmesse mit einer Goldmedaille geehrt.

1969 übernahm sein Enkel, ebenfalls Georg Fromm, mit 16 Jahren den Betrieb in vierter Generation. Nach 25 Jahren in Malans packte ihn und seine Frau Ruth die Abenteuerlust. Sie bauten 1992 einen zweiten Betrieb in Neuseeland auf – die Fromm Winery. Mit ihren Einzellagen-Pinot-Noirs «Clayvin» und «Fromm» erlangten sie dank fantastischer Bewertungen von Jancis Robinson schnell internationales Renommee.

Nach zwei Jahrzehnten wurde die Fromm Winery verkauft, und mit einem Koffer voller Erfahrung, einem erweiterten Horizont und neuen Ideen widmete sich Georg wieder dem Weingut in Malans. Heute vinifiziert das Weingut Fromm rund acht Hektar, vier davon gehören den Fromms. Das Weingut wird von einem Dreierteam geführt: Dazu gehören Georg Fromm (69) mit seinem Sohn Marco (36) und dem erst 30-jährigen Önologen Cédric Werner.

Ernesto Felix