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«Der Fuchs ist ein wertvolles Geschenk»

Andri Schmellentin ist der neue Direktor der Grüsch-Danusa Bergbahnen.
Andri Schmellentin ist der neue Direktor der Grüsch-Danusa Bergbahnen. Bild: Christian Imhof
Seit dem 1. September ist Andri Schmellentin Direktor bei den Grüsch-Danusa Bergbahnen. Er folgt auf Mario Davatz, der zum Konzern Bühler und somit in die Industrie gewechselt ist. Beim Besuch in seinem Büro bei der Talstation in Grüsch fällt auf, dass die Paarung aus dem Engadiner und dem Familienskigebiet im Vorderprättigau ziemlich gut zusammenpasst, denn Schmellentin sprudelt nur so vor innovativen Ideen.

Es weht ein neuer Wind bei den Bergbahnen Grüsch-Danusa. Das zeigen unter anderem die frisch montierten Fahnen bei der Talstation, welche in auffälligem Rot im Herbstlüftchen tanzen. Sie scheinen es, wie viele der Mitarbeiter:innen des Prättigauer Familienskigebiets auch, kaum erwarten zu können, dass endlich die ersten Flocken Schnee die Region in ein Winterwunderland verwandeln und dass nach dem langen Sommer ohne Betrieb der Bergbahn wieder Schwung in die Bude kommt. Mit dem Wintersport hatte Andri Schmellentin in seinem Leben schon diverse Berührungen. Nach der Lehre im Maschinenbau investierte er in die Weiterbildung mit der fachlichen Ausrichtung «Tourismusmanagement und Marketingplanung» und wurde anschliessend sogar Marketing- und Verkaufsverantwortlicher bei den Bergbahnen Engadin/St. Moritz. Dort war er Mitglied des Organisationskomitees um die Ski-WM, die dann 2017 tatsächlich auch in St. Moritz über die Bühne ging. Nebenbei war er Gastreferent in den Tourismusfachschulen in Samedan, Chur und Zürich.

Klein, agil und wertvoll

Trotz seines umfassenden Leistungsausweises hat es den Samedaner jetzt ins Vorderprättigau verschlagen, wo nicht nur die Uhren ein wenig anders ticken, sondern auch der Tourismus anders funktioniert. Einen totalen Kulturschock beim ersten Treffen mit Prättigauern habe er deswegen aber nicht erlitten. «Meine Grossmutter kommt ursprünglich aus Avers und somit könnte man sagen, dass ich auch gewisse Walsergene in mir trage», erklärt er mit einem Lächeln auf den Lippen. Doch nicht nur um seine Vorfahren zu ehren, sei er in Grüsch gelandet, es reize ihn noch etwas anderes am Familienskigebiet. «Grüsch-Danusa ist extrem spannend, da es klein, kompakt und deshalb auch ziemlich agil ist. Im Vorderprättigau haben wir verglichen mit Klosters und Davos eher weniger Touristen, die einfach mal so eine Woche zu uns in die Ferien kommen und sich dann vom Angebot überraschen lassen. Doch das Produkt im Allgemeinen fasziniert mich sehr, da es so vielfältig ist. Wir sind das am schnellsten erreichbare Skigebiet und haben zudem einen direkten Einfluss auf die Region.» Damit meint der zweifache Vater nicht nur Winterjobs für Saisoniers, sondern auch den Umstand, dass Grüsch-Danusa viele Bauaufträge in die Region vergibt und im Berggasthaus Schwänzelegg regionale Produkte wie beispielsweise Alpkäse verkauft werden. «Es geht leider hin und wieder fast ein wenig vergessen, wie viel ein Skigebiet bewirken kann für die Wirtschaft in der Region.»

Danusa auch bald ein Sommerberg?

Was sich trotz des Direktorenwechsels im September nicht geändert hat, ist der Fachkräftemangel in der Region, wie Andri Schmellentin sagt. «Wenn man die Zahlen vom Seco anschaut, merkt man schnell, dass nach der Pandemie viele fähige Arbeitskräfte abgewandert sind. Die Arbeitslosenzahlen sind tief wie selten zuvor. Doch wir haben da schon noch ein paar Ideen, wie man wieder Menschen aus der Region für die Arbeit auf dem Berg begeistern könnte. Wir forcieren unter anderem längere Betriebszeiten und somit auch die Möglichkeit für Ganzjahresstellen.» Auch sonst seien sie sehr offen, wenn es um moderne Arbeitsmodelle gehe. «Wir bieten beispielsweise Müttern die Option, prozentual wieder in die Arbeitswelt einzusteigen und ein paar Stunden bei uns zu arbeiten. Sicher wichtig bleiben für uns die bereits Pensionierten, bei denen man den sozialen Aspekt nicht ausser Acht lassen sollte. Denn viele ältere Personen können sich nur schwer damit anfreunden, von einem Moment auf den anderen aus dem Arbeitsmarkt und somit auch aus der Gesellschaft gerissen zu werden.» Aktuell laufen laut Schmellentin bereits im Hintergrund Abklärungen, wie auf Danusa auch im Sommer für Familien und Jugendliche Erlebniswelten geschaffen werden können. Das Biken sei sicher ein Thema, doch erst mal liege die volle Konzentration auf dem Wintersaisonstart.

«Grüsch-Danusa ist extrem spannend, da es klein, kompakt und deshalb auch ziemlich agil ist.» Bild: Christian Imhof

Der schlaue Fuchs Lötscher

Bei allen neuen Plänen hat Schmellentin einen grossen Vorteil gegenüber anderen Berggebieten, den er nicht missen möchte. «Als Jugendlicher bin ich mal auf Grüsch-Danusa am Skifahren gewesen. Auch wenn ich mich heute nicht mehr an die einzelnen Pisten oder anderes erinnere, den Fuchs habe ich nicht vergessen. Da muss man Hanspeter Lötscher schon ein Kränzchen binden, dass er schon früh auf diesen Markenbotschafter gesetzt und erkannt hat, wie viel man damit anstellen kann. Der Fuchs als Wiedererkennungszeichen ist ein echtes Geschenk. Welches Skigebiet kann sonst von sich behaupten, dass es so ein einprägsames Maskottchen hat? Zudem kommt noch dazu, dass der Fuchs als schlaues Tier gilt und uns bei zukünftigen Projekten auch Möglichkeiten in der Richtung Bildungslehrpfad offenlässt.» Auf Danusa könne man auch zukünftig lernen, fühlen und erleben. «Die Schwäche mit den wenigen Beherbergungsmöglichkeiten können wir dafür mit anderen Dingen ausgleichen. Wir müssen schauen, dass der Weg zum Skisport einfach ist und dass so viele Kinder aus der Region möglichst früh bei uns lernen, Ski zu fahren.» Für alle anderen soll ein Angebot geschaffen werden, das es möglich mache, dem Alltag zu entfliehen, abzuschalten und zu entschleunigen.

Gemischte Gefühle

Auch wenn es noch einen Moment geht, dem Saisonstart sieht Andri Schmellentin schon ein bisschen mit gemischten Gefühlen entgegen. «Es werden sicher Mehrkosten auf uns zukommen. Nicht nur das Öl, auch die Lebensmittel und die Transporte werden teurer. Noch können wir diese Mehrkosten tragen und müssen diese nicht auf die Kund:innen abwälzen.» Erst im September habe es beispielsweise neue Motoren und eine frische Steuerung gegeben, die, noch vor der Krise geplant, auf kommende Saison einiges an Strom einsparen sollen. Sein Mentor Lötscher habe schon immer ein Händchen gehabt für gute Entscheidungen, die neben Grüsch-Danusa auch der Region zugute gekommen seien. «Er ist ein echter Visionär, von dem ich momentan sehr viel profitieren kann. Das macht mich echt dankbar. Wir sind uns ausserdem ziemlich ähnlich von der Mentalität her. Beide haben das Motto, dass man wissen muss, von wo man kommt, um zu wissen, wohin man gehen will.» Während andere Bergbahnen oft bei den umliegenden Gemeinden eine hohle Hand machen, scheint bei Grüsch-Danusa das Geldmanagement zu funktionieren. «Sicher war es nicht blöd, dass mein Vorgänger aus der Bankenbranche kam, aber auch Hampi Lötscher immer weise investiert hat. Es wurde nie Geld ausgegeben, das noch nicht wieder erwirtschaftet worden ist.» Mit der Verinnerlichung dieser Strategie und der Schützenhilfe der alten Hasen steht einer gelungenen ersten Wintersaison von Andri Schmellentin nichts mehr im Wege. Wir vom «Prättigauer & Herrschäftler» wünschen einen guten Start und «a wackers Fuader» Schnee auf den 26. November!

Christian Imhof