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30.10.2022

«Wir vergessen schnell, wie gut ein ‹Break› für uns ist»

Bild: zVg
«La sera sper il lag» ist ein traditionelles rätoromanisches Lied, welches anlässlich der diesjährigen Olma einen neuen Anstrich erhalten hat. Das ruhige Chorlied, welches von einem Abend am See handelt, wurde wegen des Fests an dem Graubünden Gastkanton ist, in verschiedenen Stilen neu interpretiert. Nun entstanden daraus dank kreativer Köpfe Volksmusik, Jodel, Blasmusik, Rap, Hip-Hop, Chorgesang und klassische Musik.

Für die Version im Sprechgesang ist der Bündner Rapper Snook alias Gino Clavuot verantwortlich. Während er auf Indonesien war, sei er dafür angefragt worden. Vielleicht aus diesem Grund erinnert sich der Engadiner ganz genau an den Zeitpunkt zurück. «Geografisch und gedanklich war ich ganz an einem anderen Ort. Ich war für den Sommer in Indonesien am Surfen, als ich per Telefon für dieses Projekt angefragt wurde. Ich war sofort Feuer und Flamme und habe noch im gleichen Telefongespräch zugesagt.» Eine gewisse Ironie hat es schon, dass eine Anfrage zu einem Lied, das von einem Abend am See handelt, einen Rapper auf der anderen Seite der Kugel trifft, der sich auch gerade intensiv mit dem Thema Wasser beschäftigt. 

Ein modernes Volkslied

Der ursprüngliche Text handelt von Abendfrieden, einem stillen See, von einem letzten Licht am Berge, von Himmel und Sternen. Auch wenn das Volkslied zu einem der beliebtesten in der romanischen Sprache gehört, hatte Snook keine Berührungsängste. «Bei der Komposition und der Melodie habe ich mich entschieden, völlig neue Wege zu gehen.» Und doch sei es ihm wichtig gewesen, dass man das ursprüngliche Lied noch wiedererkennt. «Beim Text habe ich mich hingegen sehr stark auf die Analyse des ursprünglichen Textes fokussiert. Diesen habe ich dann neu interpretiert.» Dieser neue Text gliedere sich in zwei Ebenen. «Die tiefere Ebene behandelt die Geschichte von einem Pärchen, welches einen Abend am See geniesst und sich dabei Gedanken über die gemeinsame Zukunft macht. Dabei war es mir wichtig, durch die Neuinterpretation Wörter aus dem ursprünglichen Text zu wählen, welche die abendliche Stimmung am See, den Spätherbst, den Kontrast zwischen Licht und Schatten, aber auch die schönen Farben beschreiben. Auf der Metaebene hingegen möchte ich beschreiben, wie wichtig eine bewusste Erholung für unseren Geist, unsere Seele und unseren Körper ist. Im hektischen, aber auch im urbanen Alltag vergessen wir sehr schnell, wie gut ein ‹Break› für uns ist.» 

Ein ökonomischer Rapper

Clavuot lebt inzwischen nicht nur von der Musik da er ein Mensch sei, der die Abwechslung brauche. «Neben der Musik, stehen Surfen, Skitouren und Reisen bei mir hoch im Kurs. Ich bin Ökonom und habe Volkswirtschaft an der Uni Zürich studiert. Von der Musik konnte ich sehr gut leben, als ich Student war. Nach dem Studium war es mir jedoch wichtig, eine gute Balance zwischen der Musik und einem sinnstiftenden Job zu finden.» So kam es, dass er bald darauf bei Martin Bühler anheuerte, da er beim Kanton Graubünden flexible Arbeitszeiten vorfand und so weiter den Spagat leben konnte. «Dort besteht meine Arbeit darin, sicherzustellen, dass vitale Leistungen, welche der Kanton erbringt, auch bei Störungen, wie beispielsweise bei einer Pandemie oder einer Strommangellage ausgeführt werden können. Somit befasse ich mich mit Wahrscheinlichkeiten, Katastrophen, Risiken und Matrizen.» In den vergangenen Jahren hatte er im Kanton alle Hände voll zu tun. Doch im nächsten Jahr sollte es zumindest im Alltag ein bisschen ruhiger werden, sodass Clavuot auch wieder mehr Zeit zum Surfen, aber sicher auch für die Musik findet. Wie der Künstler mit Tiefgang abschliessend erwähnt, seien schon einige Lieder in der Warteschlaufe und es gebe im neuen Jahr sicher die eine oder andere Überraschung auf die Ohren. 

Christian Imhof