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Kultur
28.05.2023

«Ich bin zu sensibel für dieses Business»

Bild: Christian Imhof
Vor kurzem erschien das neue Album «Bye Bye mein altes Ich» von Mia Aegerter. Es ist ihr erstes Album seit 2017. Die doch fast fünf Jahre Veröffentlichungspause habe mehrere Gründe, sagt die Freiburgerin im Sonntagsgespräch auf Vilan24.

«Für mich ist es ein Kraftakt, eine Platte rauszubringen. Dieses Mal hat es jetzt fast zwei Jahre gebraucht und es war anstrengend, Songs zu schreiben in der Vergangenheit zu wühlen und darüber nachzudenken, was einen denn aktuell gerade berührt und über was es sich lohnt, ein Lied zu schreiben. Das ist eine Arbeit, die man nicht immer ausüben kann.» Zusätzlich schreibe sie auch noch für andere Künstler:innen, sei auf einer Weltreise gewesen und 2021 auch noch zum ersten Mal Mutter geworden.

Grenzerfahrungen beleben
Über ihren Sohn habe sie für ihr neues Album sogar zwei Lieder geschrieben. «Der eine ‘Mein Herz gehört mir schon lange nicht mehr’, handelt davon, dass einem als Mutter das eigene Herz nicht mehr gehört, sondern dass es durch die Wohnung rennt. Das andere Lied heisst ‘Angekommen, seit ich dein Zuhause bin’.» Nicht nur die beiden Lieder, sondern die ganze neue Platte treffen laut Aegerter sehr den Geschmack ihres Sprösslings. «Als ich die Vinyl-Testversion zum Probehören erhalten habe, hat er zu allen Songs getanzt und immer wieder freudig ‘Mama, Mama’ gerufen. Das war echt süss, dass er es so abgefeiert hat. Ich für mich habe dann entschieden, dass ich diese Platte auch sehr gut finde. Früher hatte ich immer nachher noch ein paar Zweifel, doch dank dem Gütesiegel meines Sohnes darf ich sagen, dass ich sehr zufrieden mit dem Werk bin.» Allgemein seien es so «Grenzerfahrungen» wie beispielsweise das Elternwerden, die einem zu einer besseren Schreiberin machen. «Wenn man an die Grenzen geht und solche Erlebnisse hat, dann erhält man eine ganz andere Inspiration und auch eine gewisse Tiefe. Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich per se anders schreibe seit ich Mutter bin, aber mein Sohn ist schon eine sehr grosse Inspiration und vor allem auch Motivation für mich. Ich glaube, ohne ihn hätte ich das Album nochmals ein paar Jahre vor mich hingeschoben. Ich war unentschlossen und dann plötzlich durch ihn habe ich nachher gedacht, so jetzt packen wir es an. Er hat mir wie neuen Schwung gegeben.»

Vom Pop-Olymp in den Hintergrund
Im Rückblick auf ihre über 20 Jahre andauernde Musikkarriere würde sie vieles wieder genau gleich machen. Einen einzigen Punkt bereut sie jedoch ein wenig. «Was ich inzwischen ein bisschen schade finde, dass ich es ein wenig verpasst habe, mein Projekt mit Livekonzerten und Tourneen aufzubauen. Viele kennen zwar den Namen Mia Aegerter, bringen ihn aber nicht in Verbindung mit dieser Art von Musik, die ich mache.» Heute sei sie eher im «Storytelling-» /Kleinkunstbereich zu Hause im Vergleich zu der Zeit kurz nach dem Millennium, als ihre Karriere mit Liedern wie «Hie u Jetzt» durch die Decke ging. In dieser Zeit wäre ein solider Aufbau einer Livegeschichte auch nicht wirklich möglich gewesen. «Damals ist so viel passiert. Es kamen Anfragen von allen Seiten, und ich habe versucht möglichst allen gerecht zu werden und vieles auch mitzunehmen. Ich bereue es ein wenig, dass ich zu dieser Zeit nicht angefangen habe, das langsam Schritt für Schritt aufzubauen.» Dass sie ihre Omnipräsenz in den Medien inzwischen eingetauscht hat gegen eine Rolle, die eher im Hintergrund fungiert, stört Mia Aegerter überhaupt nicht. «Ich bin nicht eine Person, die um jeden Preis im Rampenlicht stehen muss. Ich glaube, ich hätte das Level auch nicht für immer halten können, da mir das alles viel zu oberflächlich gewesen ist und ich viel zu sensibel für dieses Business bin. Darum war es für mich total gesund, mich auch zurücknehmen zu können, für andere zu schreiben und ein ‘normaleres’ Leben zu haben in diesem Sinn.» Was die in Berlin wohnhafte Künstlerin sonst noch umtreibt und vieles mehr sehen Sie im ganzen Gespräch auf Vilan24.

Christian Imhof