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Kultur
03.09.2023
01.09.2023 10:25 Uhr

Laut gedacht: Komm wir machen Duzis

Bild: www.pixabay.com
Kürzlich bin ich über einen Post von einer Berner Journalistin auf Facebook gestolpert, die ein Interview mit dem Rapper Greis relativ lustig angekündigt hat. Sie schrieb, dass es nun endlich wieder an der Zeit sei, eine Person, die sie schon über zehn Jahre kenne, für die Zeitung zu Siezen. Dies hat bei mir nicht nur ein Lächeln, sondern auch einen Schwall an Erinnerungen ausgelöst.

Vor meiner Zeit bei der Zeitung war ich als Redaktor bei Radio L im Fürstentum Liechtenstein tätig. Als dann der damalige Intendant Alois Ospelt in Pension ging, haben wir alle einen kurzen Einspieler für ihn produziert. Meiner stiess bei meinen Mitarbeiter:innen auf grosses Gelächter, da ich darin erwähnte, dass man in Liechtenstein eigentlich alle duzen dürfe ausser den Fürsten und Herrn Ospelt. Ihm war es peinlich, dass er mir das Duzis noch nicht angeboten hatte, was er gleich darauf nachholte. Auch in dieser Zeit beim Radio führte ich ein Interview mit der Regierungsrätin Dominique Hasler, die damals noch den Namen Gantenbein trug. Da ich öfters mit ihr zu tun hatte, und wir uns doch schon x-Mal gesprochen hatten, entschied ich mich völlig unbewusst mit ihr authentisch zu sprechen und sie somit natürlich auch zu duzen. Dies kam in der Redaktion dann aber nicht wirklich gut an und eine Mitarbeiterin mahnte mich, dass so eine Gesprächsführung unprofessionell sei und ich die Regierungsrätin in Zukunft doch bitte siezen solle. Dazu muss man vielleicht noch erklären, dass im Radio viele Dinge Schall und Rauch sind und wenig mit der Realität zu tun haben, aber das künstliche Siezen gaukelt für mich dermassen eine aufgesetzte Distanz vor, was ich überhaupt nicht goutieren kann. Ich bin ein Journalist, der gerne per du mit den Menschen ist und jeder und jedem auf Augenhöhe begegnet. Denn nur so sind auch die richtig guten Gespräche mit einer gewissen Nähe möglich und die Menschen erzählen einem von ihren Träumen. Dieser Bonus für grandiose Geschichten ist erhältlich, wenn man sich selber nicht zu wichtig nimmt und somit bleibt zu sagen: Mein Name ist Christian, komm wir sagen uns doch du!

Christian Imhof