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Nachruf Hans Kessler

Bild: zVg
Hans Kessler («Schlüechtli-Fuchs»), 7. Juni 1935 – 19. Dezember 2023

Hans Kessler wurde als letztes von 11 Kindern in die Familie Hans und Josephine Kessler-Lehmann im Schlüechtli in Grüsch-Überlandquart geboren. Im grossen Walserhaus wohnte neben vielen Menschen auch die Armut. Der Küchenboden bestand aus gestampfter Erde, Wasser und Strom gab es im Haus noch nicht. An kalten Wintermorgen waren die Teller im Küchenbord angefroren. Hans erlebte eine arbeitsreiche, aber behütete Kindheit. Den Spitznamen «Schlüechtli-Fuchs» verdankte der Bub seinen roten Haaren. Schon im zarten Alter gedieh bei Hans eine Leidenschaft, die ihn das ganze Leben lang begleiten sollte: das Skifahren. Wie oft stieg Hans am Wochenende stundenlang mit den Fellen an den Skiern zum Schwänzelegg hoch, um danach in rasender Tiefschnee-Fahrt ins Tal zu sausen!

Nach Abschluss der Sekundarschule konnte Hans als einziges seiner Geschwister eine Berufslehre absolvieren. 1955 hatte er nach strengen Lehrjahren in den RhB-Werkstätten Landquart das Schlosser-Diplom in der Hand. Der Weg in einen RhB-Lokührerstand schien vorgezeichnet. Das Schicksal wollte es anders: Beim Einrücken in die RS wurde bei Hans Tuberkulose diagnostiziert. Er bezog ein Sanatorium anstatt einer Kaserne. Mit der Diensttauglichkeit war auch die Lokführer-Karriere dahin. Ebenso war der Traum zerplatzt, vielleicht im Gefolge seiner älteren Schwestern nach Kanada auszuwandern.

Hans wählte die Textilindustrie als neues Berufsfeld und reiste bald als Montagearbeiter nach Deutschland. Im Rheinland begegnete er der Webereiarbeiterin Margret Cremer. Der junge, schüchterne Mann aus den Bergen verliebte sich bis über beide Ohren in die schwarzhaarige Schönheit. 1960 läuteten die Hochzeitsglocken. Das junge Paar zog nach Brugg AG, wo die beiden Kinder Rico (1962) und Claudia (1965) geboren wurden. Dank eiserner Sparsamkeit konnten sich Hans und Margret 1972 im Thurgau der Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen. Im Winter reiste die junge Familie fast jedes Wochenende ins Schlüechtli, um auf Danusa das Skifahren zu geniessen. Auch im Sommer ging es oft «ins Prättige», zum Heuen bei Hans’ Angehörigen oder zum Wandern im Rätikon. Im Einverständnis mit seinen Geschwistern konnte Hans schliesslich sein Elternhaus übernehmen, was ihm sehr viel bedeutete.

1996 folgte die Frühpensionierung. Hans und Margret blieben noch lange Jahre sportlich unterwegs, im Sommer auf Velotouren und Wanderungen, im Winter im Skidress auf Parsenn. 1999 und 2001 konnten sich die Beiden über die Geburten der Enkel Julian und Linus freuen. In seinen letzten Lebensjahren zeigten sich bei Hans zunehmend geistige Ermüdungen. Ende 2022 war ein letzter Besuch bei Hans’ Nichte Alice und ihrem Ehemann Fritz Gredig im geliebten Schlüechtli möglich. Margret umsorgte ihren Hans im vertrauten Eigenheim in Sirnach, solange es möglich war. Nach einem kurzen Aufenthalt im Alterszentrum Münchwilen TG ist der «Schlüechtli-Fuchs» kurz vor Weihnachten friedlich für immer eingeschlafen.

Rico Kessler