Ursprünglich hat Ursina Jost in Chur Pflegefachfrau HF gelernt. Es gab die Möglichkeit, während der Ausbildung Praktika zu absolvieren und so in unterschiedlichen Pflegeinstitutionen Einblick zu erhalten. Ein Jahr nach dem Lehrabschluss wechselte sie in die Berufsbildung und machte noch die Ausbildung zur Erwachsenenbildnerin SVEB. Seit 2006 ist die Schierserin, die inzwischen in Seewis lebt, Berufsbildnerin von Pflegefachpersonen HF und Fachangestellten Gesundheit. Seit 2020 ist Ursina Jost bei der Flury Stiftung angestellt. «Die Begleitung von jungen Erwachsenen bereitet mir unheimlich viel Freude.»
Die Seele kommt zu kurz
Obwohl Ursina Jost in der Pflege ihre Berufung gefunden hat und mit viel Herzblut für Menschen da ist, ist ihr aufgefallen, dass in der schnelllebigen Zeit oft etwas zu kurz kommt. «Als ich angefangen habe, Pflegefachfrau zu lernen, hat man uns gesagt, dass man in diesem Beruf Körper, Geist und Seele betreut. Ich habe dann schnell bemerkt, dass der seelische Anteil oft zu kurz kommt. Dieser hat nach den vielen pflegerischen und administrativen Tätigkeiten kaum mehr Platz in einem eng durchgetakteten Tagesplan.» Sie hat sich oft vorgestellt, wie es wäre, wenn sie einfach mal an den Bettrand sitzen, die Hand der Patient*in halten und die Geschichte dahinter hören könnte. «Ich bin überzeugt, diese Art von Aufmerksamkeit hätte auch schon eine grosse Auswirkung auf den Genesungsprozess.» Im zweiten Lehrjahr wollte Ursina Jost auf Grund dieser Erkenntnis sogar ihre Ausbildung abbrechen, was sie glücklicherweise nicht gemacht hat. Auch wenn sie nach der Geburt ihrer Kinder weniger oft in der Pflege tätig war, begleiteten sie diese Gedanken an die unvollständige Pflege weiterhin und bereiteten ihr Mühe. Doch bis Ursina Jost erkannte, dass sie etwas dagegen unternehmen musste, brauchte es ein Zeichen ihres eigenen Körpers.
Persönlicher Wendepunkt
«Durch einen persönlichen gesundheitlichen Tiefpunkt kam ich schon ins Grübeln.» Ihr Arzt hatte ausser Symptomen nichts gefunden und deshalb auch Schwierigkeiten, sie überhaupt zu behandeln. Ein halbes Jahr dauerte die gesundheitliche Odyssee, bei welcher ihr niemand wirklich weiterhelfen konnte. «Ich erkannte, dass ich einen anderen Ansatz verfolgen musste, und bin dadurch auf die Craniosacral Therapie gestossen.» Auch wenn sie am Anfang durch ihren schulmedizinischen Hintergrund noch sehr zweifelte, sei sie bereits nach einer Behandlung 90 Prozent ihrer Symptome losgeworden. «Das hat mich zutiefst beeindruckt.» Mit diesem «nicht mehr Zurechtkommen» ist Ursina Jost nicht alleine. Die letzten Jahre waren für viele Menschen heraus- oder sogar überfordernd. Themen aus Umwelt, Beziehungen, Gesundheit, Familie etc. verlangen nach einem anderen Ansatz für den Gesundungsprozess. Zum Glück entsteht hier ein immer grösseres Angebot an komplementären Therapieformen mit entsprechend geschulten Fachkräften.»
Zurück zum Ursprung
Craniosacral Therapie bietet da eine ganzheitliche Möglichkeit. «Wenn du dich schneidest beispielsweise, haben wir eine Intelligenz in uns, die weiss, was passieren muss, damit sich der Körper selber wieder repariert.» Diese entsteht, wenn auch der sogenannte Atem des Lebens erwacht. «Am fünften Tag, nachdem ein Spermium und ein Ei zusammengekommen sind, gibt es einen Funken beziehungsweise eine Zündung im System. Das ist der Moment, in dem erstmals diese Verbindung von oben und unten zustande kommt und die Seele ‘einschiesst’. Es ist schon erstaunlich zu sehen, wie diese Intelligenz schon dann weiss, was passieren muss, damit ein solches Wunder entstehen kann. Auf diesen Bauplan und den Urgedanken können wir immer wieder zurückgreifen. Aber hin und wieder finden wir durch äussere Einflüsse nicht mehr den Anschluss dazu.» Die Craniosacral Therapie biete dann den Resonanzkörper, den Raum und die Ruhe, damit der Klient in seine Energie kommt und sich wieder ordnen kann.
Wieder mal runterfahren
Craniosacral Therapie ist laut Ursina Jost eine Therapie, die in der Stille stattfindet. Sie ist eine sanfte Form der Körpertherapie und basiert auf der Idee, dass sich das craniosacrale System, das aus dem Schädel (Cranium), der Wirbelsäule und dem Kreuzbein (Sacrum) besteht, auf den gesamten Körper auswirkt. «Ich arbeite mit feinen Berührungen, um die Rhythmen im Körper wahrzunehmen.» Die Rückmeldungen von ihren Klienten unterstreichen diese Aussage, denn nach einer Sitzung fühlen sich viele von ihnen wie neu geboren. Auch sonst unterstützt die Therapieform oft in Bereichen, in denen herkömmliche medizinische Massnahmen nicht erfolgreich waren. «Ich hatte beispielsweise einen Jungen, der jahrelang unter Stottern litt. Durch den ganzheitlichen Ansatz der Craniosacral Therapie konnte er das Stottern ablegen. Nach dem dritten Besuch sprach der Junge plötzlich wie am Schnürchen, ging aus dem Behandlungsraum und sagte zu mir, dass er mich gar nicht mehr braucht. Dies hat mich ungemein gefreut.» Ursina Jost betont, dass sie keine Heilungsversprechen abgeben kann. Sie ist aber bestrebt, der Klient:in die Selbstverantwortung für die gesundheitlichen Veränderungen aufzuzeigen. «Wir bekämpfen nicht die Symptome, sondern die Ursache. Es ist manchmal schmerzhaft für die Klient:in, kurz dort hin zu schauen, aber es lohnt sich auf jeden Fall, um mit neuen Ressourcen und Zielen weiterzukommen.» Grosse Freude bereitet Ursina Jost, dass immer mehr Schulmediziner die Ressourcen der Komplementärmedizin anerkennen und die Zusammenarbeit mit zum Beispiel der Craniosacral Therapie nutzen, um gemeinsam einen Mehrwert für die Klient:in zu gewinnen. Die Kosten der Behandlung sind grösstenteils durch die Zusatzversicherung der Krankenkasse gedeckt. Sie wünscht sich jedoch, dass durch die gegenseitige Wertschätzung eine ganzheitliche Betreuung der Klient:in normal wird. Es scheint, dass Ursina Jost einen Weg gefunden hat, mit ihrer Arbeit und durch Achtsamkeit die seelischen Bedürfnisse und die innere Stimme der Klient:innen aufzudecken und wertzuschätzen.
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