Seit nun gut 25 Jahren betreibt Gigi einen kleinen Coiffeursalon bei der reformierten Kirche und neben dem Treffpunkt Augenblick. Aber hinter diesem stets aufgestellten freundlichen Menschen steckt noch einiges mehr als nur ein Herren-Coiffeur.
Ich werde nicht Coiffeur
In Chur geboren, verbrachte er seine Jugendzeit bei den Grosseltern in Italien. Seine Eltern waren beide berufstätig und damals war «KITA» noch ein Fremdwort. Zurück in der Schweiz stand die Berufswahl an – und Gigi wollte sicher nicht Coiffeur werden! Dennoch machte er eine Schnupperlehre beim «Haaredieb» beim Bahnhof Chur – und dies war dann die Kehrtwende in der Berufswahl.
Er sei ein strenger, aber grosszügiger Lehrmeister, ein Coiffeur alter Schule gewesen, erinnert sich Gigi. Am Morgen habe es jeweils mit dem «Einturnen» begonnen – Fingerübungen, damit dann die Schere oder das Rasiermesser ruhig geführt wurden. Und als Übung für das Nassrasieren hätten sie jeweils einen Tennisball unter die Schulter nehmen müssen, damit nur mit Hand und Unterarm gearbeitet werden konnte. Und im eng bestuhlten Geschäft beim Bahnhof seien nur Rechtshänder beschäftigt gewesen, damit man sich bei der Arbeit nicht in die Quere kam.
Beim Gespräch in seinem Geschäft in Schiers gehört die Fröhlichkeit und das herzhafte Lachen dazu. Gigi meint dazu: «Es sieht sich niemand so oft selbst im Spiegel wie ein Coiffeur – und so sehe ich mich lieber freundlich als mürrisch!».
Noch eine letzte Frage zum Haareschneiden: «Wer schneidet dir eigentlich die Haare?». Wenn Sie Gigi im Bild sehen – er trägt eine Kurzhaar-Frisur – so erstaunt es nicht, dass er oft selbst Hand an sich anlegt. Aber er ist nicht verlegen darum, einen Bekannten darum zu bitten, da dies dann am Hinterkopf doch einfacher sei und besser herauskomme, meint Gigi mit seinem schelmischen Lachen.
Der geheimnisvolle Coiffeurstuhl
Unter dem Titel «Formula Uomo» betrieb Gigi zusammen mit einem Kollegen während 22 Jahren ein Geschäft in Chur. Inzwischen verheiratet und in Schiers wohnhaft, wurde der Arbeitsweg und die späte abendliche Rückkehr nach Hause für ihn zunehmend zur Belastung. Luigi, der Familienmensch, wollte seine Kinder aufwachsen sehen und nicht erst nach Hause kommen, wenn sie zu Bett gehen. So gab er die Arbeit auf und richtete den Coiffeur-Salon in Schiers ein, just auf den Zeitpunkt hin, da seine Tochter zur Welt kam.
Und seither betreut er einen grossen Kundenstamm in seinem kleinen Geschäft mit nur gerade einem, aber einem herrschaftlichen Coiffeurstuhl. Daneben ist er regelmässig im Altersheim anzutreffen, wo er seinen Service für die Bewohner anbietet und zuweilen macht er auch Hausbesuche, damit die Frisur auch bei Menschen, welche nicht mobil sind, wieder eine Gattung macht – und dies nun bereits seit 25 Jahren.
Zurück zum Coiffeurstuhl – wie beim Haareschneiden üblich, wird über dies und jenes gesprochen und so meint Gigi, dass er oft Dinge erfahre, von welchen üblicherweise nicht gesprochen werde. Zuweilen sind es auch sehr persönliche Themen, welche ihm seine Kunden offenbaren – nicht immer nur schöne Geschichten. Es ist für ihn klar, dass dabei die Privatsphäre gewahrt bleiben muss und er verschwiegen bleibt, manchmal komme er sich vor wie ein Beichtvater. Und so ist es nicht verwunderlich, dass er seinen «Coiffeur-Thron» auch als Beichtstuhl bezeichnet.