Es war ein kurzes Leben, das die Graubünden Vivonda AG führte. Gegründet am 10. März 2020, stellte das Unternehmen Ende Februar 2024 den Betrieb ein und ging im vergangenen August in Liquidation. Kurz darauf wurde das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt. Und nun kommt am 6. März das Grundstück sowie das Gebäude unter den Hammer, wie eine Publikation im Kantonsamtsblatt Graubünden vom 31. Januar zeigt. Laut Aussage des Verwaltungsratspräsidenten Christoph Caprez gegenüber dem Onlineportal «Vilan24» am 21. Februar 2024 versuchte die Graubünden Vivonda AG noch, einen Mieter für das Gebäude an der Prättigauerstrasse in Jenaz zu finden. Wie es scheint, erfolglos. Deshalb kommt es am 6. März zur konkursamtlichen Grundstücksteigerung. Verlangt haben diese die beiden Grundpfandgläubiger, die Graubündner Kantonalbank und die Landwirtschaftliche Kreditgenossenschaft Graubünden. Dies ist den Unterlagen des Betreibungs- und Konkursamts der Region Prättigau/Davos zu entnehmen. Die restlichen Gläubiger der Graubünden Vivonda AG werden in diesem Verfahren nicht berücksichtigt. Das bedeutet, dass sich damit einige Firmen und Unternehmen in der Region, die bei der Planung und beim Bau des Gebäudes in Jenaz beteiligt waren, viel Geld ans Bein streichen müssen. Zumindest teilweise gingen am Bau beteiligte Unternehmen nämlich in Vorleistung, lieferten Material und tätigten Arbeiten im Sinne eines Darlehens. Dieses Geld ist nun verloren, denn das ordentliche Konkursverfahren wurde am vergangenen 16. August mangels Aktiven eingestellt. Es wäre nur weitergeführt worden, wenn ein Gläubiger die Durchführung verlangt und für die Deckung der Kosten einen Vorschuss geleistet hätte. Nach heutigem Kenntnisstand wurde dies aber nicht verlangt. Gegenüber dem «Prättigauer & Herrschäftler» wollte sich kein Unternehmen mit Verweis auf das noch laufende Verfahren öffentlich dazu äussern.
Zu ambitioniertes Projekt?
Somit stellt sich die Frage, ob das Projekt von Anfang an zu ambitioniert gewesen ist. Rund ein Jahr nach Gründung der Gesellschaft hiess es beim Spatenstich vom 15. April 2021 etwa, mit dem Kompetenzzentrum sollen Bündner Lebensmittelspezialitäten noch besser vermarktet werden können und das Prättigau soll eine Hochburg des alpinen Genusses werden. Investiert wurden rund vier Millionen Franken. Der Kanton Graubünden unterstützte das Projekt, das aus dem kantonalen Genussprogramm Graubünden Viva entstand, mit einer Anschubfinanzierung von gut einer Million Franken. Daniel Buschauer, Leiter des Amts für Landwirtschaft und Geoinformation, erklärte damals gegenüber den Medien, dass die Direktvermarktung in der Bündner Landwirtschaft eine grosse Bedeutung habe. Es würden jedoch weitgehend Verkaufsstellen fehlen, an denen ein grosses Sortiment an Bündner Spezialitäten gebündelt verkauft und an denen auch Produkte von Anbietern in Kleinmengen angeboten werden. Das Lokal mit Produktionsstätte in Jenaz sowie der Verkaufsladen in der Raststätte Heidiland hätten der Startschuss zu einem Filialnetz über den ganzen Kanton sein sollen. So war man im Frühling 2021 bereits auf der Suche nach weiteren Standorten auf der Lenzerheide und im Engadin. Nur ein halbes Jahr nach dem Spatenstich wurde der «Graubünden Viva Genussmarkt» in Jenaz feierlich Anfang Oktober 2021 eröffnet. Neben einer Verkaufstheke waren im grosszügigen Gebäude ein Bistro, eine Begegnungszone, ein Lager sowie eine Fleischtrocknerei und Dörrerei für Früchte und Gemüse untergebracht. «Unsere Vision ist es, die Region sichtbar zu machen», sagte bei der Eröffnung Verwaltungsratspräsident Caprez. Erstellt wurde das von dem Architekturbüro Ritter Schumacher AG entworfene Gebäude hauptsächlich durch einheimische Unternehmen mit einheimischen Rohstoffen. So stammte etwa das Holz, das verbaut wurde, aus der Region und wurde in Küblis verarbeitet.
Anfänglicher Erfolg
Die von Caprez an der Eröffnung des Genussmarkts erwähnte Sichtbarkeit war gegeben. Das Gebäude liegt direkt an der viel befahrenen Strasse durch das Prättigau. Und am 1. Oktober 2022 vermeldete die Graubünden Vivonda AG ein erfolgreiches erstes Geschäftsjahr. Speziell hingewiesen wurde in der Mitteilung auf die positiven Auswirkungen des Standorts direkt an der Prättigauerstrasse sowie die Öffnungszeiten an sieben Tagen pro Woche. Ob die Bilanz nach dem ersten Jahr allerdings zu positiv geschildert wurde, lässt sich schwer belegen. Tatsache ist aber, dass die Graubünden Vivonda AG bereits ein Jahr später – also Ende September 2023 – mitteilte, dass sie per Ende Jahr schliessen müsse. Begründet wurde dies auch mit in Aussicht gestellten Mitteln des Kantons, die dieser nicht leistete. Ein Vorwurf, den der zuständige Bündner Volkswirtschaftsminister Markus Caduff wenige Tage später gegenüber Radio Südostschweiz dementierte. Solche Mittel habe man nie zugesichert oder in Aussicht gestellt. Auf entsprechende Fragen dieser Zeitung wollte Christoph Caprez nicht Stellung nehmen. «Wir bitten um Verständnis, dass wir aktuell keine Stellungnahme abgeben», schrieb er in einer E-Mail. So bleibt am Schluss nur ein Scherbenhaufen übrig. Regionale Unternehmer, die viel Geld abschreiben müssen, Produzenten, die eine Verkaufsstelle für ihre regionalen Produkte verloren haben, und eine Marke – Graubünden Viva – die einen Reputationsschaden davonträgt.