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Prättigau
19.03.2025

Sportjournalist aus Leidenschaft

Pistenbesichtigung mit Co-Kommentator Stefan Abplanalp.
Pistenbesichtigung mit Co-Kommentator Stefan Abplanalp. Bild: zVg
Aufgewachsen ist Men Marugg in Klosters und das Skifahren liegt ihm im Blut. Seit der Weltcupsaison 2021/22 ist er als Kommentator von Schweizer Radio und Fernsehen SRF nah dabei, wenn die Weltcupfahrerinnen ihre Rennen austragen.

Er ist noch im norwegischen Kvitfjell und auf dem Sprung Richtung Åre in Schweden, als Men Marugg Zeit für ein Gespräch findet. Seinen ersten Einsatz als Kommentator eines Skirennens für SRF hatte er ebenfalls im Norden, im November 2021 in Levi (Finnland). Bis zu seinem 18. Altersjahr stand Marugg selbst häufig auf den Rennski. Er besuchte zu dieser Zeit das Sportgymnasium in Davos und bestritt FIS-Rennen. Bereut, dass er heute nicht selbst Weltcuprennen bestreitet, hat es der bald 36-jährige Prättigauer nie. «Ich war weit weg vom Weltcup, fuhr auch keine Europacuprennen, sondern auf FIS-Stufe», erzählt Marugg. Als Kommentator habe er heute eine andere Rolle, der Skisport habe ihn aber nie losgelassen. Ist seine «Rennerfahrung» ein Vorteil beim Kommentieren eines Rennens? «Meine Aufgabe ist es nicht primär, eine Fahrt einzuschätzen, dafür sind meine Co-Kommentierenden Tina Weira­ther, Stefan Abplanalp oder Didier Plaschy zuständig», sagt Marugg. Was ihm aber beim Kommentieren helfe, sei das Verständnis der Abläufe eines Rennens. «Ich kann durch meine eigene Erfahrung abschätzen, was in einem Athleten oder einer Athletin an einem Renntag vorgeht», erklärt er weiter.

Vom Lokalradio zu SRF

Zum Journalismus kam Marugg über Umwege. Nach einer Verletzung beendete er mit 18 Jahren seine Ambitionen als Skirennfahrer. Die beiden letzten Jahre vor der Matura besuchte er das Gymnasium in Ftan und studierte danach ein Jahr Architektur, was ihm aber nicht zusagte. Da er früher oft als Speaker bei Rennen fungierte oder in den Jahren am Gymnasium auch Rennberichte für die «Davoser Zeitung» und die «Klosterser Zeitung» verfasste und ihm das immer gefallen hatte, dachte er über den Einstieg in den Radiojournalismus nach. «Ein Bekannter in Klosters, der als freier Mitarbeiter bei Radio Grischa tätig war, ermutigte mich, mich beim Radio zu bewerben», erzählt Marugg. Er bekam eine Praktikumsstelle für ein Jahr und studierte danach Journalismus und Organisationskommunikation an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur. Im Rahmen des Bachelorstudiums hat er sich für ein halbjähriges Praktikum bei der damaligen Sendung ‹Sportlounge› beworben. «Mit der Zusage ging für mich ein erster Traum in Erfüllung. Ich habe fortan alles gegeben für eine Festanstellung», so Marugg. Er übernahm Mutterschaftsvertretungen, arbeitete als Sportassistent sowie einige Monate in der Redaktion von Radio SRF 3. Das zahlte sich im Januar 2018 aus, als er eine Fixanstellung in der SRF-Sportredaktion bekam und seither sowohl für das Fernsehen als auch für das Radio tätig ist.

Reisen zu den Rennorten

Für das Kommentieren der Frauen-Weltcuprennen sind bei SRF zwei Kommentatoren zuständig. Neben Marugg ist das Marco Felder. Die Saison mit rund 40 Weltcuprennen wird mehr oder weniger zu gleichen Teilen aufgeteilt.

Zum Kommentieren gehören aber auch die Reisen an die Rennorte und die Vorbereitung auf den Live-Kommentar. Diese Vorbereitung nimmt wesentlich mehr Arbeit in Anspruch als das eigentliche Kommentieren. «Genau kann ich es nicht sagen, aber etwa 95 Prozent der Zeit ist Vorbereitung, fünf Prozent das Kommentieren», sagt Marugg. Hilfreich und ein Privileg sei auch, dass er und seine Co-Kommentierenden die Rennen meistens vor Ort verfolgen und einen Tag vor dem Rennen anreisen könnten. «Das gibt uns die Möglichkeit, bereits das Abschlusstraining zu verfolgen und von den Fahrerinnen und ihren Trainern Informationen zu erhalten», führt er aus. «Denn ich möchte immer so kommentieren, dass ich die Leistung einer Athletin auch nach ihrem aktuellen Befinden einschätzen kann.» Informationen, ob eine Fahrerin in der Woche vor dem Rennen zum Beispiel krank war oder sich topfit fühlte, holt sich Marugg bei solchen Gesprächen mit den Athletinnen und ihren Betreuern.

Familie trägt Leidenschaft mit

Marugg ist im Winter oft unterwegs. «Das ist für mich natürlich sehr cool», erzählt er, «aber es braucht auch ein familiäres Umfeld, welches das mitträgt und unterstützt.» Er wohnt mit seiner Frau Bettina und drei Mädchen im Primarschul- und Kindergartenalter in Jona im Kanton St. Gallen. Kommentiert Marugg ein Weltcuprennen, ist er meistens mehrere Tage am Stück von zu Hause weg. Zwischen den Rennen geniesst er dafür das Familienleben in vollen Zügen. «Ich bewege mich im Winter zwischen zwei Welten und bin meiner Frau und unserem familiären Umfeld extrem dankbar, dass sie mir den Rücken frei halten. Wenn ich zu Hause bin, gibt es für mich nur die Familie. Ich bin beispielsweise enorm stolz, wenn wir alle zusammen einen Skitag auf der Madrisa erleben – für mich ist dies das grösste Glück.»

Was macht ein Sportkommentator von Frauen-Weltcuprennen im Sommer? Wer jetzt denkt, Marugg schiebe dann eine ruhige Kugel, täuscht sich. In den Sommermonaten kommentiert er Mountainbike-Rennen und ist für redaktionelle Aufgaben journalistisch im Einsatz – auch dann vorwiegend am Wochenende, wenn die Sportveranstaltungen stattfinden. Marugg hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. «Es ist ein Traumjob für mich!»

Enge Arbeitsplatzverhältnisse. Bild: zVg
PD