Gemeindepräsident von Küblis ist Thomas Gort. Er kennt den Grund für die Massnahme: «Das Ortsbild sei durch Zubauten nicht mehr schützenswert.» Ein Problem hat er mit der Entwicklung aber nicht. «Der Schutzstatus ist für die Entwicklung eines Dorfes eher negativ als positiv.» Man bekomme lediglich Steine in den Weg gelegt und geholfen werde nicht. «Auch andere Gemeindepräsidenten beurteilen den Status kritisch», betont Gort. Als Beispiel aus Küblis nennt er das Projekt «Gaisgassa-Brücke». Der Kanton wollte sie abreissen lassen und neu erstellen. Doch der Denkmalschutz schaltete sich ein, wegen des Ortsbildes. Letztlich sei sie lediglich saniert worden.
«Schutzstatus ist eher negativ als positiv»


Information aus der Zeitung
Der Gemeindepräsident von Grüsch ist über die Massnahme nicht informiert. Marcel Conzett hat die Erstinformation der Zeitung entnommen, welche auf einer Agenturmeldung der SDA basiert. «Wir haben kein offizielles Schreiben erhalten und ich kann mir nicht vorstellen, dass der Dorfkern mit unseren Herrschaftshäusern aus dem Bundesinventar gestrichen wird. Für uns hat sich bis heute nichts geändert.» Als Beispiel nennt er das repräsentative «Haus zum Rosengarten». Sie würden der Sache aber nun nachgehen.
Bestätigung durch die Zeitung
Am Tag nach dem Gespräch erschien in der «Südostschweiz» und im «Tagblatt» der Artikel «Zu hässlich für das Bundesinventar». Darin wird die Information der Nachrichtenagentur über den Grüsch-Entscheid bestätigt, unter dem Titel: «Rücksichtslos zugepflastert». Es sei anhaltend stark gebaut worden und die talseitig historischen Ortsränder seien mit Wohnquartieren belegt. Zahlreiche dieser Neubauten seien teilweise ohne Rücksicht auf den Bestand errichtet worden und unterbrächen räumliche Abfolgen sowie Blickbezüge. Weiter werden zahlreiche unsorgfältige Um-, An- und Ersatzbauten beklagt. Der Gemeindepräsident Marcel Conzett erfuhr auch das aus der Zeitung.
Denkmalpfleger als «Manager»
Vor rund fünf Jahren wurde vom Bundesamt für Kultur (BAK) ein Prozess eingeleitet, der in den aktuellen Entscheidungen gipfelt. Der eigentliche «Manager» des Prozesses war allerdings der kantonale Denkmalpfleger Simon Berger. Bei seiner Fachstelle seien die Argumente für einen Schutzstatus der Gemeinden gesammelt und zusammengefasst worden. «Wir selber äussern uns aber nicht», betont er auf Nachfrage.
Rund 100 Gemeinden betroffen
Das BAK präsentierte seine Vorschläge den Gemeindevertretern an einer Informationsveranstaltung und lud diese zur Vernehmlassung ein. Küblis beteiligte sich nicht daran. Anschliessend stellte Berger die Zusammenfassung der Reaktionen wieder dem BAK zu. Der Denkmalpfleger beschreibt die Abläufe als «komplex». Immerhin seien in Graubünden rund 100 Gemeinden betroffen, einzig in den Kantonen Bern und Wallis seien es mehr. Gleichzeitig lässt er keine Zweifel aufkommen: «Wir haben die besten Ortsbilder von nationaler Bedeutung.»
Lokale Baugesetze als Grundlage
Auf die Frage nach der Bedeutung sagt Berger: «Mit der Abstufung passiert erst einmal nichts, die lokalen Baugesetze als Grundlage bleiben unverändert.» Das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) sei eine Empfehlung zur Planung. Als Beispiel nennt er eine mögliche Vorgabe: «Die Substanz des Objekts darf nicht verändert werden.» Bindend sei ISOS aber für den Bund, wenn zum Beispiel Subventionen verlangt werden, weil ein Landwirt seinen Stall auf die grüne Wiese bauen will. Es stehe über den lokalen Baugesetzen.
Komplexe Grundlage der Beurteilung
Zu einem Ortsbild gehören Bauten, Strassen, Plätze, Gärten, Pärke und Kulturland. Ob ein Ortsbild schützenswert ist, wird bestimmt durch die Qualität dieser Elemente, aber auch durch ihre Beziehung zueinander. Für den Schutz von Ortsbildern sind in erster Linie die Gemeinden zuständig, basierend auf dem Planungsrecht. Sie bezeichnen Schutzzonen und erlassen Gestaltungsvorschriften. Ansprechpartnerin bei Um- und Neubauten ist in den meisten Fällen die kantonale Fachstelle für Denkmalpflege. Auf nationaler Ebene kümmert sich das Bundesamt für Kultur (BAK) um den Ortsbildschutz. Es erarbeitet das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS). Quelle: BAK