Seit 16 Jahren setzt die Schweizer Lebensmittelhilfe Tischlein deck dich auch in Graubünden ein Zeichen gegen Armut und Lebensmittelverschwendung. Die konfessionell und politisch neutrale Hilfsorganisation mit Sitz in Winterthur wird ausschliesslich durch Spenden finanziert. Hauptpartner sind Coop, Migros, Transgourmet, die Ernst Göhner Stiftung und die Winterhilfe Schweiz. Seit 2010 betreibt Tischlein deck dich zusammen mit dem Schweizerischen Roten Kreuz und dem kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Graubünden (Kiga) das Logistiklager Graubünden.
Sinnvolle Tätigkeit
In diesem Logistiklager ist zurzeit auch die stellensuchende Leonie S. (Name von der Redaktion geändert) tätig. Die Mittvierzigerin rettet zusammen mit elf weiteren Frauen und Männern im Coop-Verteilzentrum in Chur hauptsächlich Früchte und Gemüse vor der endgültigen Vernichtung. «An den Geruch von Fäulnis und abgelaufenen Lebensmitteln habe ich mich sehr rasch gewöhnt», erzählt Leonie S., die mit Plastikhandschuhen «bewaffnet» die noch einwandfreien Tomaten aus einem mit Abfällen gefüllten Gemüsegitter sortiert. Mit ihr zusammen arbeiten elf weitere Einsatzprogramm-Teilnehmer. «Die Arbeit ist sehr anstrengend. Am Abend bin ich jeweils todmüde und frage mich manchmal, warum ich das überhaupt mache.» Sie wirft faule Gurken in einen Müllcontainer und sagt lächelnd: «Dann antworte ich mir selber: ‹Weil du damit anderen Menschen helfen und gleichzeitig auch noch etwas gegen die Lebensmittelverschwendung machen kannst.›» Es sei eine Tätigkeit, die für sie Sinn mache und ihr ein gutes Gefühl gebe.
Einwandfreie Produkte
Die im Verteilzentrum aussortierten Lebensmittel kommen abends ins Logistiklager von Tischlein deck dich am Grossbruggerweg in Chur. Dort absolvieren ebenfalls stellensuchende Personen und auch Zivildienstleistende als Lagermitarbeiter und Fahrer ihren Einsatz. «Von hier aus werden Lebensmittel bei lokalen Produzenten und Händlern abgeholt, zwischengelagert und an die regionalen Abgabestellen verteilt», erklärt Boban Durkalic, Leiter Logistik Region Graubünden bei der Nonprofit-Organisation. Diese Lebensmittel seien einwandfrei, stünden kurz vor dem Verfalldatum, stammten aus Überproduktionen und Falschdispositionen oder deren Verpackung sei beschädigt. «Das Angebot reicht von Getränken über Gemüse und Früchte, Konserven, Süssigkeiten, Brot bis hin zu Milch- und Tiefkühlprodukten sowie Fleisch – dies aber eher selten».