Obwohl mir der Friedhof Daleu in Chur nicht unbekannt ist, stehe ich dort vor einem mir noch unbekannten Ort, dem Kindergrabfeld. Dieses ist vor rund einem Jahr komplett umgestaltet worden. Seitdem befindet sich dort neu auch ein Gemeinschaftsgrab für Sternenkinder. «Das ist das erste Sternenkindergrab in Graubünden, das dem Bedürfnis einer Ruhestätte für Sternenkinder – Kinder, die vor, während oder bald nach der Geburt verstorben sind – nachkommt», erzählte mir Hebamme Nina Marchion, als ich sie Mitte letzter Woche zum Gespräch rund ums Thema Sternenkinder getroffen habe.
Die Fachfrau Kindsverlust lebt mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern in einem Haus in Landquart, wo sie auch eine Praxis führt. Sie ist eine von wenigen Hebammen in Graubünden und in der Schweiz überhaupt, die Frauen auf Wunsch bei Kindsverlust professionell betreut und durch die Trauer begleitet. Zudem bietet sie rund um das Thema auch Kurse an, in denen die betroffenen Frauen bei der Bewältigung dieses traumatischen Erlebnisses Verständnis, Unterstützung und Hilfe finden.
Keine Worte finden
«In meiner Ausbildung zur Hebamme haben wir das Thema ‹Kindsverlust oder früher Tod eines Kindes›, was das für die Eltern bedeutet und wie wir sie begleiten können, nur gestreift», erinnerte sich Nina Marchion. Nach der Ausbildung zur Pflegefachfrau hat sie 2005 ihre Ausbildung zur Hebamme begonnen und drei Jahre später abgeschlossen. «Auch im Spital wurden wir, das heisst Hebammen in Ausbildung, bei Fehl- oder Todgeburten nicht so richtig hinzugezogen.» Sei es, weil man junge Frauen mit diesem Thema nicht zu sehr habe belasten wollen oder weil die Ausbildnerinnen und Ausbildner beim Eintreten einer solchen Situation selbst schon überfordert gewesen seien und selbst keine Worte dafür gefunden hätten.