Unsere Wälder leisten Erstaunliches. Sie bilden nicht nur Lebensraum für unzählige Tiere und Pflanzen, speichern CO₂, sie dienen uns Menschen als Erholungsgebiete und Holzlieferanten. Als Schutzwälder bewahren sie uns und unsere Infrastruktur vor Murgängen, Erdrutschen und Lawinen. Trockenperioden und Stürme, Borkenkäfer und Krankheiten verändern den Wald jedoch rasant. Nicht alle Baumarten kommen mit den Klimaextremen zurecht. Sie weichen in höhere Lagen aus oder verschwinden mit der Zeit ganz, andere Arten profitieren und breiten sich aus. Die Pflege der Gebirgs- und Schutzwälder stellen Waldeigentümer und Forstleute vor grosse Herausforderungen.
Teil der Kulturlandschaft
«Es dürfte sich kaum Schierser Wald finden, in welchem in den letzten 200 Jahren kein Holz geschlagen wurde. Der Wald ist Teil der Kulturlandschaft», so Thomas Löffel, in der Gemeinde Schiers zuständig für Wald und Wanderwege. Er wollte wissen, welche Ansprüche die Gesellschaft an den Wald stellt, was die Schierserinnen und Schierser von ihrem Wald erwarten. Zusammen mit Regionalforstingenieur Matthias Zubler, Leiter Amt für Wald und Naturgefahren Region Herrschaft/Prättigau/Davos, lud Löffel die Bevölkerung zur nachmittäglichen Beobachtungstour ein. Peter Bebi, Umweltwissenschaftler vom WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos, wartete dazu mit wissenswerten Informationen aus Forschersicht auf.
Vom Werkhof Schiers aus verschob sich Gross und Klein per Fahrrad oder Shuttle Bus Richtung Aeuliweg, wo auf dem Trassee der ehemaligen, alten Kantonsstrasse, ein erster Stopp eingelegt wurde. Die Nationalstrasse samt darüber befindlichem Schutzwald im Blickfeld, ebenso den vielseitigen Auenwald entlang der Landquart, wurden die Teilnehmenden gebeten, ihre Vorstellungen vom Wald und die Funktion, welche dieser wahrnehmen soll, zu notieren. Die Stichworte reichten von «hübscher Mischwald», «Lichtungen», «schöne Wanderwege» über «Pilze», «Quellwasser», «Lebensraum für alle Tiere sowie für den Menschen, sofern er sich anpasst» bis zum «Christbaum». Schliesslich wurde auch noch ein «Wald mit gutem Holzpreis» angeführt.
Steter Wandel
Anhand von drei vergilbten Aufnahmen, auf welche er vor 15 Jahren beim Studium des Aktenbergs seines Vorgängers Josias Flury stiess, veranschaulichte Matthias Zubler, wie sich Schiers vor 100 Jahren präsentierte und wie frappant sich die Kulturlandschaft in dieser Zeitspanne gewandelt hat. «An Häusern zählte man vielleicht einen Viertel des jetzigen Bestandes. Die Allmend oberhalb der Mittelschule war nicht bewaldet, da befanden sich viele Agrarflächen. Man hatte sich so installiert, dass man mit Produkten aus der näheren Umgebung überleben konnte», so Zubler. «Weiter ist dem Bild zu entnehmen, dass die RhB auf der gleichen Linie lag wie heute und sich das Bahnhofsgebäude am selben Ort befand. Klar zu sehen ist auch, dass die Schwellebene der Landquart deutlich grösser war.»