Themen des Stücks sind einmal die Verführbarkeit und Käuflichkeit der Menschen: Sehr deutlich wird das an der Figur des Sergeanten (gespenstisch glaubhaft gespielt von Tom Ebinger) einem harten Hund, der kommandiert, herumbrüllt und seine Männer schikaniert. Seine Schwäche sind Frauen. Objekt seiner Begierde ist die Witwe Begbick (Ladina Mahler), die eine kleine Kantine führt. Sie ist schön und verführerisch und setzt das gezielt ein. Ihr Song «Beharre nicht auf der Welle», zeigt: Nur wer sich laufend anpasst, kann in einer solchen Welt bestehen. Überhaupt sind die Figuren äusserst pragmatisch: Die Wächter der tibetanischen Pagode (sehr sauber gespielt von Sarah Caluori und Lotte Ehninger) kommen rasch auf die Idee, aus dem betrunkenen Soldaten, den sie bei sich vorfinden, einen Gott zu machen und mit dieser Attraktion Einnahmen zu erzielen; damit entlarvt Brecht sogar die Religion als kommerzialisierbar. Das entworfene Menschenbild ist nicht besonders schmeichelhaft: Da geht es nicht um hehre Ziele und Ideale, da geht es ums Geschäft.
Mit toller Präsenz
Ein weiteres Thema ist die Austauschbarkeit von Menschen: Der Soldat Jeraiah Jip (Jamin Voellmy – stark sein betrunkenes Torkeln und Lallen) wird von seinen Kameraden zurückgelassen und durch den naiven Galy Gay (Fadri Meyer, sehr frisch, gutherzig und gutgläubig bis in die Haarspitzen) ersetzt. «Mann ist Mann», der Titel des Stücks, kann auch auf Männlichkeit bezogen werden, auf klischeehafte Männlichkeit notabene. Die Paraderolle ist da die eines Soldaten: Befehle befolgen, strammstehen, herumlungern, krumme Dinger drehen und Bier saufen. Und genau das taten die Schauspielerinnen: Rahel Luzi, Emilia Hollmann und Maira Werdmüller. Weitere Soldaten spielten Enya Coray, Alina Wachter, Anja Ehninger, Lotte Ehninger und Sarah Caluori, alle mit toller Präsenz, physisch stark und stimmgewaltig.
Ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt der Aufführung war sicher die Musik von Mischa Weiss, meist Trommel oder Xylophon: Gewehrsalven, sich drehende Eisenbahnräder, aber auch asiatisch anmutende Tempelklänge. Und natürlich wäre der Abend nicht gewesen, was er war, ohne die Regieeinfälle von Ursina Hartmann, ihr Flair für Formationen und Choreografie, ihre Erfahrung, ihr Sinn für Kostüme, Requisiten und Symbolik. Es ist ihr gelungen, ein komplexes und textlastiges Stück enorm rasant auf die Bühne zu bringen. Temporeiche Szenen, nahtlose Übergänge, schnelle Wortwechsel: Da lief immer etwas.
Was kommt als Nächstes? Wir sind gespannt auf ein nächstes Stück. Und: Wir kommen wieder!