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Zizers
06.11.2021

Der kleinen Julia Hoffnung schenken

Mario Rosario und Ursina Schmid mit ihren beiden Töchtern Julia (Mitte) und Giada.
Mario Rosario und Ursina Schmid mit ihren beiden Töchtern Julia (Mitte) und Giada. Bild: Caroline Stäger
Ursina und Mario Rosario leben mit ihren beiden Kindern Julia (7) und Giada (4) in Zizers. Im Dezember 2019 haben die Ärzte der Familie mitgeteilt, dass Julia vom Sanfilippo-Syndrom betroffen sei. Dies ist eine seltene, neurodegenerative Stoffwechselkrankheit, deren Name kaum aussprechbar ist: Mukopolysaccharidose Typ III a. Wie es ist, wenn das eigene Kind alles Erlernte wieder vergisst und weshalb die beiden die Hoffnung auf eine Heilung der Krankheit nicht aufgeben, könnt ihr hier nachlesen.

Ursina Schmid hat früh entdeckt, dass mit ihrer Tochter etwas anders ist. «Julia hat sich etwas langsamer entwickelt als gleichaltrige Kinder und war oft erkältet. Das alleine hat uns aber nicht beunruhigt, manche Kinder brauchen einfach länger. Mit etwa dreieinhalb Jahren wurde sie zunehmend hyperaktiv. Mit etwa viereinhalb Jahren machte Julia keine weiteren Entwicklungsschritte. Sie hatte Mühe Gefahren einzuschätzen und verlor nach und nach ihr Interesse in den bisherig geliebten feinmotorischen Aktivitäten wie etwa Puzzeln und Zeichnen. Immer gab es eine Erklärung für Julias Verhalten, aber wir fragten uns aber auch, ob nicht mehr dahintersteckte.» Erst die Diagnose, welche die Eltern erhalten haben, als Julia fast schon sechs Jahre alt gewesen ist, habe viele ihrer Fragen wirklich beantwortet. «Niemand denkt an eine derartig schreckliche Krankheit wie das Sanfilippo Syndrom, bei welchem die Kinder nach und nach alles Gelernte wieder vergessen. Erst im Nachhinein konnten wir das Verhalten unserer Tochter richtig deuten. Weder Autismus, noch ADHS, Trotz oder Regression infolge der Geburt von Julias Schwester waren der Grund gewesen.»

Das Sanfilippo-Syndrom im Alltag

Laut der in Seewis-Pardisla und Grüsch aufgewachsenen Mutter verliere ihre Tochter Julia oft das Vertrauen in ihren Körper und ihre Umwelt. Das äussere sich vor allem darin, dass sie etwas was sie zuvor konnte, plötzlich nicht mehr funktioniert. Dies sei nicht nur für sie als Eltern hart, auch das sonstige Umfeld habe sich laut Schmid stark verändert. «Mitmenschen, die sie oft sah, kamen plötzlich nicht mehr vorbei, weil sie nicht wissen, wie mit Julia umzugehen. Das alles verunsichert ein Kind zutiefst.» Inzwischen könne sich Julia nicht mehr verbal ausdrücken. Einst sei sie ein redseliges Mädchen gewesen, inzwischen bringe sie nur noch wenige einzelne Wörter raus, was auch für ihre Eltern schwierig sei. «Wir müssen Julias Bedürfnisse 24 Stunden im Tag erraten, ihr von den Augen ablesen. Julia kann uns nicht mitteilen, wenn ihr etwas weh tut und wo es ihr weh tut, warum sie gerade nervös ist oder was nicht stimmt. Wir müssen Julia immer überwachen, tags und nachts. Sie kann die Gefahren nicht einschätzen. Auch die Gefahr, wenn sie bestimmte Gegenstände in die Hand nimmt, ist ihr nicht bewusst. Julia ist ein sehr aktives und neugieriges Mädchen, das ihre Umwelt und Mitmenschen stets aufs Neue erforschen möchte und darin kaum zur Ruhe kommt.»

  • Julia leidet am Sanfilippo-Syndrom. Bild: zVg
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  • Julia ist ein sehr aktives und neugieriges Mädchen. Bild: Caroline Stäger
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Unterstützer geben Kraft

Im November 2020, kurz nach der Gründung des Vereins hat sich die Zizerser Familie mit der Thematik erstmals an die Medien gewandt. Dies ist bis heute ein Schritt, den Ursina Schmid und Mario Raciti nicht bereuen. «Viele Menschen haben uns seither erreicht und unterstützen uns. Das Bewusstsein für die Krankheit ist gewachsen. Jeder Mensch, der davon erfährt, ist einer mehr, der bei der Bekämpfung der Krankheit mithelfen kann, indem er davon weiter erzählt und eine frühere Diagnose ermöglicht. Indem er uns unterstützt, ermöglicht er es der Forschung, nach einer Heilung für Julia zu suchen. Indem er sich versucht in Kinder mit Sanfilippo und deren Familien hineinzufühlen, begegnet er ihnen mit einem offenen Herzen und erleichtert ihnen und uns das Leben. Unsere Unterstützer geben uns Kraft und schenken uns Hoffnung.» Medikamente gebe es in diesem Bereich leider noch nicht, Sanfilippo ist bis heute unheilbar. Die Lebenserwartung beträgt durchschnittlich 15 Jahre. «Die Forschung nach Medikamenten ist sehr teuer und das Interesse der Pharmaindustrie bei seltenen Krankheiten meist sehr gering. Wenn nicht die Eltern der Betroffenen die Forschung unterstützen, dann macht es niemand.» Mario Raciti und Ursina Schmid tun viel dafür, ihrer Tochter und auch anderen betroffenen Kindern Hoffnung zu schenken und bleiben dabei optimistisch. «Wir kennen keine Alternative. Julia braucht uns und unsere Hoffnung und wir möchten Julia ein Leben ohne Schmerzen und Angst geben. Wenn wir keine Therapie für Julia finden, wird sie bald nicht mehr laufen können, sie wird ernährt werden müssen, sie wird epileptische Anfälle bekommen.»

Diverse Aktionen geplant

Die junge Familie geniesse jeden einzelnen Tag mit Julia und ihrer Schwester und lebe fast immer im Augenblick. Im Moment gehe es Julia gerade gut. «Julia geht gerne zur Schule. Sie besucht das Schulheim in Chur. Sie mag es, mit anderen Kindern und Menschen zusammen zu sein. Wenn das Gegenüber sich Julia öffnet, mit ihr ein Lied singt, mit ihr spielt und scherzt, dann ist die Welt für Julia in Ordnung. Julia geht sehr gerne auf ihre Mitmenschen zu. Wenn sich diese von ihr abwenden, wird sie sehr traurig. Sie mag es sich frei zu bewegen, zu reiten, zu schwimmen und auf ihrem Trampolin zu hüpfen. Und sie mag Weihnachten, Samichlaus und Schmutzli mit dem Eseli.» Noch kann Julia essen und laufen, doch das könne sich leider rasch ändern, wie Schmid erklärt. «Wir müssen für unser Ziel, eine Heilung für Julia und alle Kinder mit Sanfilippo kämpfen, nach vorne schauen und alles dafür tun, damit dies Wirklichkeit wird.» Dies gehe am besten mit öffentlichen Auftritten. «Wir versuchen immer wieder an die Öffentlichkeit zu gehen, um für die Krankheit zu sensibilisieren. Am 16. November findet der World-Sanfilippo-Awarenessday statt. Um für die Krankheit zu sensibilisieren und als Zeichen für alle Betroffenen und ihre Familien werden wir vom 12. bis 16. November das Verwaltungsgebäude der Rhätischen Bahn und die Burg Friedau in Zizers violett beleuchten. Dies ist die symbolische Farbe für den Kampf gegen Sanfilippo. Am 13. November werden wir, Julias Eltern, ausserdem in Chur gegenüber dem Haupteingang Manor von 11.00 bis 16.30 Uhr mit einem Infostand präsent sein. In der Adventszeit werden wir einen grossen Weihnachtsbaum in unseren Garten stellen. Alle sind herzlich willkommen, um den Baum zu bestaunen. Wer möchte, darf helfen ihn mit etwas Mitgebrachtem zu schmücken. Wir werden zudem zugunsten unseres Vereins «HOPE FOR JULIA» Lampen von Mario (Julias Vater), Guetsli und weitere Kleinigkeiten verkaufen. Der Erlös geht vollumfänglich zugunsten unseres Vereins. Wir freuen uns sehr über viele kleine und grosse BesucherInnen.» Bei diesen vielen Begegnungen kommt hoffentlich schnell viel Geld zusammen und die Eltern der kleinen Julia können aufatmen. Für die Zukunft wünscht sich die Familie eigentlich vor allem Gesundheit. «Eine Heilung für Julia und dass sie ihrem Körper und ihrer Umwelt vertrauen darf. Und dass Julia eines Tages allen persönlich danken kann.»

Wer mehr über den Verein «Hope for Julia» erfahren möchte, findet auf der Webseite www.hopeforjulia.ch weitere Informationen.

cim