Ursina Schmid hat früh entdeckt, dass mit ihrer Tochter etwas anders ist. «Julia hat sich etwas langsamer entwickelt als gleichaltrige Kinder und war oft erkältet. Das alleine hat uns aber nicht beunruhigt, manche Kinder brauchen einfach länger. Mit etwa dreieinhalb Jahren wurde sie zunehmend hyperaktiv. Mit etwa viereinhalb Jahren machte Julia keine weiteren Entwicklungsschritte. Sie hatte Mühe Gefahren einzuschätzen und verlor nach und nach ihr Interesse in den bisherig geliebten feinmotorischen Aktivitäten wie etwa Puzzeln und Zeichnen. Immer gab es eine Erklärung für Julias Verhalten, aber wir fragten uns aber auch, ob nicht mehr dahintersteckte.» Erst die Diagnose, welche die Eltern erhalten haben, als Julia fast schon sechs Jahre alt gewesen ist, habe viele ihrer Fragen wirklich beantwortet. «Niemand denkt an eine derartig schreckliche Krankheit wie das Sanfilippo Syndrom, bei welchem die Kinder nach und nach alles Gelernte wieder vergessen. Erst im Nachhinein konnten wir das Verhalten unserer Tochter richtig deuten. Weder Autismus, noch ADHS, Trotz oder Regression infolge der Geburt von Julias Schwester waren der Grund gewesen.»
Das Sanfilippo-Syndrom im Alltag
Laut der in Seewis-Pardisla und Grüsch aufgewachsenen Mutter verliere ihre Tochter Julia oft das Vertrauen in ihren Körper und ihre Umwelt. Das äussere sich vor allem darin, dass sie etwas was sie zuvor konnte, plötzlich nicht mehr funktioniert. Dies sei nicht nur für sie als Eltern hart, auch das sonstige Umfeld habe sich laut Schmid stark verändert. «Mitmenschen, die sie oft sah, kamen plötzlich nicht mehr vorbei, weil sie nicht wissen, wie mit Julia umzugehen. Das alles verunsichert ein Kind zutiefst.» Inzwischen könne sich Julia nicht mehr verbal ausdrücken. Einst sei sie ein redseliges Mädchen gewesen, inzwischen bringe sie nur noch wenige einzelne Wörter raus, was auch für ihre Eltern schwierig sei. «Wir müssen Julias Bedürfnisse 24 Stunden im Tag erraten, ihr von den Augen ablesen. Julia kann uns nicht mitteilen, wenn ihr etwas weh tut und wo es ihr weh tut, warum sie gerade nervös ist oder was nicht stimmt. Wir müssen Julia immer überwachen, tags und nachts. Sie kann die Gefahren nicht einschätzen. Auch die Gefahr, wenn sie bestimmte Gegenstände in die Hand nimmt, ist ihr nicht bewusst. Julia ist ein sehr aktives und neugieriges Mädchen, das ihre Umwelt und Mitmenschen stets aufs Neue erforschen möchte und darin kaum zur Ruhe kommt.»