Svenja Gansner wuchs in Seewis Dorf auf und absolvierte nach der Sekundarschule eine Lehre als Polygrafin bei der Drucki in Landquart. 2018 schloss sie diese erfolgreich ab. Schon während ihrer Ausbildung spürte sie den Drang, künstlerisch aktiv und entsprechend kreativ zu sein. Im Sommer wird sie in Basel an der Fachhochschule Nordwestschweiz den Bachelor «Bildende Kunst» abschliessen.
Sprungbrett Atelierstipendium Wien
2018, noch vor ihrem Lehrabschluss, erfuhr Svenja, dass der Kanton Graubünden eine Atelierwohnung in Wien zur Verfügung stelle. Nebst den Räumlichkeiten werde zusätzlich ein monatlicher Zuschuss ausgerichtet. «Professionelle Kunstschaffende» würden gesucht. Kein Mindestalter aufgeführt. «Wieso sollte ich mich nicht bewerben? Zu verlieren habe ich nichts», dachte sie sich. Ihr Dossier überzeugte die Kommission und so durfte sie für sechs Monate nach Wien. «Ein einmaliges Erlebnis», wie Svenja Gansner rückblickend schwärmt. «Ich konnte mich ausgiebig mit dem Thema Kunst beschäftigen, künstlerisch experimentieren, neue Techniken ausprobieren, zeichnen, illustrieren, neue Bildträger kennenlernen und mich mit Siebdruck auseinandersetzen. Eine unglaublich wertvolle Phase war das.» Dass sie vier Jahre später bereits zweimal an der Jahresausstellung der Bündner Künstlerinnen und Künstler mitwirken durfte, konnte sie sich damals noch nicht vorstellen.
Zwischenlandung und Neustart
Mit einem Buch über ihre Arbeiten kehrte Svenja Ganser aus Wien zurück und bewarb sich um einen Platz an der Hochschule in Luzern bzw. Bern. Doch leider erhielt sie von beiden Orten eine Absage. Das eingereichte Portfolio reiche nicht für eine Zulassung. «Im ersten Moment waren die Absagen hart. Rückblickend kann ich die Entscheide nachvollziehen». Sie besuchte in der Folge das ‘Propädeutikum’ an der Kunstschule Chur und bereitete sich fundiert auf das gestalterische Studium vor, mit dem Ergebnis, dass sie nach mehreren erfolgreichen Aufnahmeverfahren die Hochschule nun selbst wählen kann. Sie entschied sich für das Studium an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel. Nach drei Jahren wird sie das Studium in diesem Sommer am ‘Institute Art Gender Nature (IAGN) mit dem Bachelor «Bildende Kunst» abschliessen.
Was ist Kunst?
Kunst sei für Svenja Gansner in erster Linie ein riesengrosses Privileg, sich Gedanken machen zu können, wie man in der Gesellschaft einen Diskurs zu gesellschaftspolitischen Fragen anstossen und in Bewegung setzen könne. Kunst sei aber auch «Wissen, das man weitergibt», sagt die 25-Jährige, welche sich mit einem Schmunzeln als ‘liebevolle Buchfetischistin’ bezeichnet, da Lesen eine ihrer ganz grossen Beschäftigungen sei. «Bücher,» so Gansner, «schaffen Inspiration und geben Anlass, Themen der Öffentlichkeit näher zu bringen.». ‘Abjektion’ z.B. ist so ein Thema, das Gansner intensiv beschäftigt und unterschiedlich thematisiert. Aus vermeintlich Gleichem wird hier etwas Ungleiches geschaffen. Wo verlaufen die Grenzen zwischen ‘normal’ und ‘abnormal’? Weshalb faszinieren uns Haare auf dem Kopf, lösen aber Eckel aus, wenn sie am Boden liegen? Wie fetischieren wir im Trauerprozess die Erinnerungsstücke unserer Angehörigen? Kunst hat entsprechend viel mit Wissen zu tun. Damit, sich Zeit füreinander zu nehmen, sich zuzuhören und sich mit neuen Fragestellungen ernsthaft auseinanderzusetzen. Insofern ist Kunst auch ein ständiger Wechsel zwischen Ansichten, Kulturen und Welten.
Wovon lebt die Künstlerin?
Für die Preisträgerin war schon früh klar, dass sie mit Kunst zu Lebzeiten wohl kaum richtig Geld verdienen kann… Dennoch setzt sie voll und ganz auf diese Karte und ist auch bereit, die entsprechenden Kompromisse im Leben einzugehen. Als Lebenskünstlerin würde sie sich aber definitiv nicht bezeichnen. Nebst dem Studium ist Svenja Gansner bei der Fundaziun Capaulina als Aufsichtsperson tätig und daneben darf sie als Selbstständigerwerbende immer wieder private Aufträge ausführen. Das Preisgeld wird somit nicht (nur) für den privaten Lebensunterhalt verwendet, sondern kann auch dafür genutzt werden, sich das eine oder andere lang ersehnte (Fach-) Buch zu leisten oder Materialien für die bevorstehende Diplomarbeit anzuschaffen, um die Ideen visualisieren und umsetzen zu können. Freuen wir uns also auf die künftigen Werke der Kulturschaffenden, welche im Übrigen seit Kurzem auch Mitglied der Kulturkommission Prättigau ist und lassen wir uns überraschen, wohin der Weg nach den ‘Basler Jahren’ führt.