Home Region Schweiz/Ausland Sport Agenda Magazin
Maienfeld
14.07.2021

Marcel Kuoni: «Ich will eine Brücke zwischen Fiktion und realen Schauplätzen schlagen.»

Bild: zVg
Marcel Kuoni ist ein Bündner Autor und hat mit den Romanen «Tannenrauschen» (2017) und «Schweizertor» (2020) bereits zwei Krimis veröffentlicht. Wie der Maienfelder überhaupt zum Romanschreiben gekommen ist, welche tragende Rolle die Region in seinen Büchern spielt, an was er aktuell arbeitet und vieles mehr lest ihr hier.

Erinnerst du dich noch an deine erste eigene Geschichte?
Ich erinnere mich an Aufsätze, die ich während der Schulzeit geschrieben habe. Einerseits an Themen, zu denen ich schlichtweg nichts zu schreiben wusste und eine A4-Seite plötzlich sehr lang erschien, andererseits an gute und kreative Themen, bei der die Seitenvorgabe dann eher einem Korsett entsprach.

Wann kam für dich die Entscheidung, dass du auch selber Romane schreiben willst?
Den Gedanken, einmal ein Buch zu schreiben, trug ich schon lange in mir herum. Mich faszinierte die Herausforderung, eine Geschichte zu verfassen, die mehr als nur ein paar Seiten lang ist. Ich wollte Figuren erschaffen, ihnen einen Charakter geben und sie in einem von mir definierten Raum handeln lassen. Das ist ein unglaublich spannender und auch komplexer Prozess, bei dem ich mich als Schriftsteller nicht nur intensiv mit meiner Geschichte, sondern auch mit der Sprache auseinandersetze.
Im Frühling 2014 wurde der Gedanke - oder der Wunsch, wenn man es so sagen will - schliesslich Realität, als ich nämlich beschloss, mit dem Schreiben meines ersten Kriminalromans «Tannenrauschen» zu beginnen.

Wie wichtig ist für dich die Region als Inspirationsquelle?
Als Inspirationsquelle spielt die Region nur eine untergeordnete Rolle, da sie mir nicht als Grundlage für die Ideen meiner Geschichten dient. Ihr kommt hingegen eine grosse Bedeutung zu, wenn es um die Wahl der Schauplätze und Nebenschauplätze geht und ich die Entscheidung treffen muss, wo sich diese befinden.
Obwohl wir hier den Begriff Region brauchen, ist dieser in meinen Geschichten geografisch gesehen doch von einer gewissen Weiträumigkeit geprägt. In «Schweizertor» finden wir Chur, die Lenzerheide, Maienfeld, das Vorderprättigau, Vilters-Wangs (SG) und Engi (im Glarner Sernftal) als Schauplätze. In «Tannenrauschen» stellt die Kalahari in Namibia einen Nebenschauplatz dar.

Meine Geschichten spielen bewusst in realen Regionen, Land- und Ortschaften, weil ich damit eine Brücke zwischen Fiktion und realen Schauplätzen schlagen will. Das sorgt für etwas Lebendiges.

Wie ist es dazu gekommen, dass du Kriminalromane schreibst?
Das hat sicherlich seinen Grund darin, dass ich selbst gerne Krimis lese. Schon seit ich in der Schule Friedrich Glauser und Friedrich Dürrenmatt gelesen habe.
Für mich ist der Kriminalroman ein sehr vielschichtiges und verstricktes, aber auch alltägliches Genre. Es widerspiegelt einen Teil unserer Gesellschaft. Kriminelle Machenschaften passieren tagtäglich und überall, unabhängig von Erdteil, Land, Region, Kultur, Sprachraum, Religion und Sozialstruktur.

Wie schwierig ist es bei der ganzen Fiktion möglichst präzise die lokalen Gegebenheiten zu umschreiben?

Ich sehe da keine Schwierigkeiten, da für mich als Autor die beiden Ebenen, fiktive Geschichte und tatsächlich existierende lokale Gegebenheiten, gut trennbar sind.
Ich kann real existierende Dinge beschreiben, zum Beispiel das Spital Schiers im Krimi «Schweizertor», meine erfundenen Figuren - Ärzte, Angehörige, Kriminalbeamte - darin platzieren und sie handeln lassen. Unter dem Strich bleibt es eine fiktive Geschichte, welche von einem realen Gebilde umrahmt wird. Beide Parameter werden von mir als Autor festgelegt und daraus entsteht schliesslich mein Erzählstil.
Lokale Gegebenheiten sind für mich als Schreiber übrigens sehr spannend, da ich sorgfältig recherchieren muss, bevor ich sie in die Geschichte integrieren kann.

Du liest auch öfters in der Umgebung. Welche Ortschaft in der Region eignet sich besonders gut für einen Kriminalroman?
Jede Region, jede Ortschaft eignet sich für einen Kriminalroman, auch wenn nur als Nebenschauplatz. Überall kann Schlimmes passieren, überall kann ein krummes Ding gedreht werden. Ein Blick in die Tageszeitungen bestätigt dies.
Ich lege grossen Wert auf Authentizität in meinen Geschichten. Damit will ich nicht nur sagen, dass ich reale Gegebenheiten beschreibe, sondern auch, dass die im Kriminalroman verübte Tat und der Ort beziehungsweise die Umgebung eine gewisse Kongruenz aufweisen müssen. Da sich meine Geschichten in ländlicher Umgebung abspielen, sollte die Tat folglich zu dieser ländlichen Umgebung passen. Überspitzt gesagt, kann ich demnach also in einem 500-Seelen-Dorf auf dem Land weder einen fünffachen Massenmörder noch einen landesweit agierenden Drogenring erschaffen. Das wäre wenig glaubhaft.

An was für einem Projekt schreibst du momentan?

Ich habe ein kreatives Schreibprojekt beendet, bei der ich ein charakteristisches Merkmal der deutschen Sprache ins Zentrum stelle. Mehr möchte ich dazu nicht verraten. Zusammen mit dem Verlag plane ich nun, in welcher Form es herausgegeben wird.
Zudem arbeite ich am dritten Kriminalroman, bei dem Luis Egger und seine Ermittler ziemlich gefordert werden.

Christian Imhof